Quelle: SPIEGEL ONLINE – v. 27.12.2016 – Von Jörg Römer
Sport, das nehmen sich viele Menschen zu Silvester vor. Und es muss ja nicht immer Jogging sein. Pfenn
Worum geht es?
Ein Mann, ein Boot, ein Ruder: Wer sich allein mit der Kraft seiner Muskeln über das Wasser bewegen will, tat das bereits in der Antike per Ruder – das wissen wir nicht erst seit den Sklavengaleeren aus den „Asterix“-Comics. Sich auf diese Art zu bewegen, gehört neben Laufen und Schwimmen zu den ältesten natürlichen Fortbewegungsmitteln überhaupt. Und wurde irgendwann zum Sport erklärt. Legendär ist die jährliche Regatta auf der Themse zwischen den britischen Universitäten von Cambridge und Oxford. Und auch dem Deutschlandachter ist bei Olympischen Spielen große Aufmerksamkeit gewiss. Für den Anfänger geht es schlicht um etwas Bewegung an der frischen Luft.
Für wen soll das gut sein?
Für jeden und für fast alles. Denn beim Rudern werden die Hauptmuskelpartien des Körpers gefordert. Wer annimmt, dass man beim Skullen (ein Ruder in jeder Hand) oder Riemenrudern (beide Hände umfassen nur ein Ruder) nur Arme, Rücken und Schultern einsetzt, macht etwas falsch. Denn der Kraftausdauersport besticht mit einer anspruchsvollen Technik und beansprucht sowohl die Rumpfmuskulatur als auch die Beine. Aus ihnen sollte die meiste Kraft (etwa 70 Prozent) kommen, wenn in der ersten Phase der Zug-Bewegung der gesamte Körper auf dem Rollschlitten im Boot hin und her bewegt wird. In der zweiten Phase kommt der Zug aus der Rumpfmuskulatur, erst in der Letzten aus den Armen und Schultern.
Ein weiterer Vorteil beim Rudern.
Der Sport ist überwiegend gelenkschonend und kann deshalb auf Breitensportniveau bis ins hohe Alter betrieben werden. „Es treten gelegentlich Sehnenscheideprobleme an den Unterarmen auf. Allerdings nur, wenn die Technik falsch ausgeführt wird“, sagt Dag Danzglock vom Deutschen Ruderverband. Auch Verletzungen im Lendenwirbelbereich kommen vor. Daneben besteht beim Rudern auf Seen, Meeren und Flüssen potenzielle Unfallgefahr. Schwimmen zu können ist also Voraussetzung.
Was kostet es?
Rudern ist ein typischer Vereinssport. Dort finden sich nicht nur leicht Mitruderer, auch die Boote werden gestellt. Die sind nicht billig. Ein Breitensport-Einer kostet zwischen 3000 und 4000 Euro, das Highend-Wettkampfgerät bis zu 12.000 Euro. Auch die Technik sowie die Regeln auf dem Wasser lassen sich im Verein erlernen. „Ruderkurse für Anfänger gehen mit jeweils zwei Einheiten über vier bis sechs Wochen. Dann kann man normalerweise in einem Skull-Mannschaftsboot gut mitrudern“, so Danzglock.
Eine Vereinsmitgliedschaft kostet im günstigeren Fall um die 20 Euro pro Monat. Dann darf man die Boote des Vereins nutzen. Es gibt aber auch exklusivere Ruderklubs, die Klub gern mit C schreiben, bei denen 50, 60 Euro pro Monat fällig werden. Doch auch indoor kann gerudert werden. In nahezu jedem Fitnessstudio stehen Ergometer-Rudermaschinen. Sie haben den Vorteil, dass man unter den immer gleichen Bedingungen allein trainieren kann. „Die Technik ist ähnlich. Im echten Boot kommen aber noch der Mannschaftsgedanke und die Anforderungen an das Gleichgewicht dazu“, sagt Danzglock.
Die Concept 2 (ab ca. 1000 Euro) ist das Standardrudergerät – darauf werden sogar Weltmeisterschaften in der Halle ausgetragen. Topruderer schaffen die zwei Kilometer in unter sechs Minuten. Legendär ist außerdem der Water Rower. Das schicke Holzteil (Variante Nussbaum ca. 1700 Euro), bei dem der Widerstand durch einen transparenten Wassertank erzeugt wird, ist der heimliche Star aus „House of Cards“. In der US-Serie über Washingtons Polit-Intrigen rudert sich Kevin Spacey als US-Präsident Frank Underwood auf dem Teil gern den Frust aus dem Leib.

20. Berliner Indoor-Rowing Dezember 2016 im Kuppelsaal(Olympiagelände)
Was bringt daran Spaß?
Rudern ist ein Sport für Menschen, die gern in der freien Natur unterwegs sind. Das kann man im Ruderboot das ganze Jahr über sein. Höchstens Eisbildung, zu hohe Wellen (nach Revier) oder Gewitter verhindern das Training an der frischen Luft.
Und Rudern ist ein Sport für Menschen, die Sinn für Rhythmus haben. Den muss nämlich auch der Schlagmann in einem Mannschaftsboot besitzen, der die Schlagzahl vorgibt. Wenn dann das Team mitzieht und harmoniert, läuft das Boot, wie es im Ruderjargon heißt. Doch obwohl der Teamgeist eine Rolle spielt, ist Rudern selbst hier etwas für Ego-Sportler, die sich auspowern wollen. „Jeder kann sich individuell belasten, auch in einem Mannschaftsboot. Hauptsache die Bewegung ist harmonisch“, sagt Danzglock.
Das hat in „House of Cards“ sogar Claire, die durchtriebene Gattin des fiktiven Präsidenten erkannt. Als Spacey aka Underwood eine Zeit lang sein Rudertraining vernachlässigt, befürchtet sie, dass er für den täglichen Politzirkus in Washington nicht mehr fit genug sein wird. Ihre deutliche Anweisung an ihn: „Use the maschine – benutze das Rudergerät.“
Ein guter Vorsatz für das neue Jahr!
Na – denn .…
Werner Fromm