In die Schweiz zum Vierwaldstätter See sollte es an diesem frühen Sonntagmorgen von Berlin aus gehen. Um 6 Uhr machte sich der Packmeister bei der Ruder-Union Arkona Berlin an die Arbeit und verstaute Koffer, Rudersäcke und weiteres Zubehör in den Vereinsbus und einen weiteren PKW. Dann ging es auch schon los.
Die übliche Navihörigkeit führte zeitweise zu getrennten Wegen, beim ersten Stopp in Bayern trafen wir uns wieder. Exakt 12 Stunden nach dem Start erreichten wir unser Ziel, das Hotel Schlüssel in Alpnach. Dort machten wir uns abends mit der Speisekarte und den doch etwas anderen Preisen vertraut.
Am nächsten Morgen waren alle überpünktlich um den Frühstückstisch versammelt. Eine überaus freundliche Bedienung fragte ständig nach unseren Wünschen und versorgte uns mit Kübli voll Kaffee, Brötli und Küchli. Diese überbordende Freundlichkeit war so ungewohnt, dass dem ein oder anderen wohl schon „Nun is aber jut und schönen Tach och“ auf der Zunge lag, aber als Hauptstädter mit multikulturellem Erfahrungshintergrund wussten wir uns zu benehmen.
Beim RC Reuss in Luzern wurde uns dann der Seebär vorgestellt, ein Riemenachter mit auf der Bootskante angebrachten Dollen und versetzten Rollsitzen. Beim ersten Anblick kamen kurz Zweifel auf, ob man dieses breite Boot wohl drehen könne. Wider Erwarten ging das doch ganz gut, 6 vorne und 6 hinten und schon lag der tipp-topp gepflegte „Achtzigjährige“ in den Böcken.
Das Bootshaus des RC Reuss von 1922 beindruckt durch eine Vielzahl von neuen Booten und macht einen sehr gepflegten Eindruck. Auch in den anderen Vereinen, die wir kennenlernten, überwog dieser Eindruck.
Unsere erste Fahrt führte uns zum RC Stansstad. Angenehme Temperatur und ein leichtes Lüftchen waren optimale Bedingungen, um sich mit dem behäbigen Seebären vertraut zu machen und die Bergkulisse zu bewundern.
Start mit den Seebären
Nach kurzer Eingewöhnungszeit lief das Boot ganz gut, unsere Rettungswesten hatten wir vorschriftsmäßig neben uns liegen.
Boot läuft
Verglichen mit dem Wannsee war nicht viel los. Ganz selten nur hieß es „Ruder halt“ um auf den von Fähren oder Motorbooten geworfenen Wellen zu schaukeln. Segelboote kamen uns nur selten in die Quere.
Am nächsten Tag ging es nach Küssnacht zum RC Rigi. Hier eskortierte uns der Präsident des Vereins – ein gebürtiger Stuttgarter- im Einer zum Bootshaus. Dieses Bootshaus wurde von der Gemeinde in Holzbauweise errichtet mit einer ganzseitigen Plexiglaswand, lichtdurchflutet und vom Feinsten. Auch über das Procedere der Einbürgerung konnten wir etwas erfahren. „Nennen Sie uns mal fünf Sehenswürdigkeiten von Luzern!“ Auch dass eine Gemeinde schon mal Anteile der Grundsteuer erstattet, wenn das Stadtsäckel gefüllt ist, versetzte uns in Staunen. Glückliche Schweiz!
RC Rigi
Kapellbrücke und Stadt
Später saßen wir dann im Rathauskeller an einem großen, quadratischen Tisch zusammen. Jeder hatte jeden im Visier, einige(!) bedauerten, dass die Kappenordnung ausgesetzt war. Nur gut, dass wir noch einen kleinen Nachtmarsch durch die quirlige Stadt machen mussten, um zu den Autos zu kommen, die wir beim RC Reuss parkiert hatten.
Die Ruderkameraden aus Flüelen hatten uns schon am Abend zuvor gewarnt, die Fahrt dorthin zu unternehmen, denn es war Föhn angesagt und somit lag die Gefahr von Gewitter und heftigen Böen in der Luft. Die Wetter und Windverhältnisse auf dem Vierwaldstätter See sind doch so ganz andere als bei uns auf der Havel. So war es keine Frage, dass wir unsere Planung änderten und stattdessen nach Alpnachstad fuhren. Bei kräftigem Gegenwind landeten wir in der Nähe des Schwimmbades an und machten uns dort über das vom Landdienst aufgebaute Picknick her. Am Nachmittag ging es dann zur bekannten Regattastrecke Rotsee, eine windgeschützte 2000 Meter Strecke, eingebettet in ein Naturschutzgebiet. Die spätere Fahrt zur Einnahme von Kaffee und Kuchen in einem innerstädtischen Café stellte höchste Anforderungen an unsere Fahrer, sind doch die Straßen in Luzern extrem eng mit einer Park- und einer Fahrspur aber zulässigen zwei Fahrtrichtungen. Unsere Chauffeure schafften das ohne Touchieren und ohne sich ein Knöllchen einzufangen. Letzteres kann in der Schweiz schnell sehr teuer werden.
Am nächsten Tag gab es keine Sicht auf die Berge, stattdessen Regensachen an – Regensachen aus, überwiegend war es aber trocken. Das Ziel war der Ort Bürgenstock. „Hä, Wie?“ „Birkenstock?“ Der Landdienst konnte den Ort aber nicht erreichen, die Zufahrtswege waren gesperrt. Aus Sicht der Anwohner sicherlich eine kluge Entscheidung. Über dem kleinen noch ursprünglichen Ort ragen zwei riesige Betonkästen, offensichtlich Hotels oder Sanatorien. Die Entscheidung im Boot, ob direkt zurück zum RC Reuss oder weiter nach Stansstad, war schnell getroffen und mittels moderner Kommunikationstechnik dem Landdienst mitgeteilt. Wir ruderten nach Stansstad, das wir bereits bei besten Wetterbedingungen (siehe Foto) einmal am Montag besucht hatten.
RC Stansstad-Steg
Diesmal picknickten wir bei leichtem Regen und ermöglichten so dem Vormittagslanddienst eine kleine Rudertour zurück nach Luzern. Dort konnten wir bei einem Bier auf der überdachten Terrasse dem nun einsetzenden Platzregen so richtig zufrieden zuschauen.
Am Abend ging es mit der Seilbahn zur Bergwirtschaft Alpgschwänd hinauf auf 1216 m.
Seilbahn
Ich entschied mich für das Gericht „Älplermagronen“. Hätte es noch einen zweiten Interessenten für dieses landestypische Gericht gegeben, wäre es zünftig in der Dachrinne serviert worden. So bekam ich ein Tellergericht mit reichlich Milchnudeln, Kartoffeln, Röstzwiebeln und einem Schälchen Apfelmus. Kalorienmäßig reichte das bis zum nächsten Abend. Nur gut, dass es im Hotel noch einen Absacker in Form eines Kübli gab.
Auch am nächsten Tag tiefverhangener Himmel. Vom Ausparkieren am Hotel bis zu den ersten Kommandos im Boot dauerte es nurmehr 45 Minuten. Wir steigerten uns mächtig. Den Hinweg zum Verein fanden wir schon ohne Navi. Harald parkierte den Bus, die Griffe am Seebär saßen, selbst das Drehen wurde ohne Zaudern und Bedenken schnell und präzise ausgeführt. Keiner wusste es irgendwie besser, sodass auch der kleine Mann auf der Rollschiene funktionierte und wusste, was zu tun ist. Das ist ein gutes Mannschaftsgefühl. Es ging heute nach Weggis, vorbei an „Bürgenstock“ und ohne Anlanden zurück. Neben den vielen an den Hang geklebten Flachbauten passierten wir auch immer mal wieder herrschaftliche Villen oder schlossartige Gebäude mit Türmchen und Erkern, die dann einen Fotostopp notwendig machten.
Weggis
Im Verein verzehrten wir dann die Reste unseres Picknickvorrates und nach kurzem Zwischenstopp im Hotel ging es dann mit PKW Richtung Urnersee, unser ursprüngliches Ziel vom Mittwoch. Vom Berg herab hat man einen herrlichen Ausblick auf den See und die Gemeinde Flüelen. Auf dem Panoramaweg werden mittels Schaukästen mit beweglichen Bildern Szenen der Schweizer Geschichte dargestellt. In Beckenried wurde dann der Nachmittagskaffee eingenommen und der ein oder andere nahm die Gelegenheit wahr den Raddampfer zu fotografieren.
Raddampfer
Abends war für uns das Stübli reserviert, um das Nachtmahl einzunehmen. Früh um sieben am nächsten Morgen versammelten wir uns zum Frühstück, bedankten uns noch einmal herzlich bei der Dame vom Buffet für ihre Freundlichkeit. Und dann ging es zurück nach Berlin, dieses Mal mit einer Punktlandung um 19:00 Uhr nach genau 11 Stunden Fahrzeit. Vielen Dank an die beiden Fahrtenleiter Bernd & Bernd für die exzellente Planung und das hervorragende Improvisationsgeschick bei unvorhersehbaren Wetterumschwüngen.
Heinrich