Sonntag, 26.8.
Wetter: Sonntagswetter
Früh um 8.30 Uhr trifft sich das Team am bereits Donnerstag mit Paul Klein, Scharfe Lanke und Dahme vorbildlich beladenen Bootsanhänger. Auch die kleinste Hutmutter hat ihren Stammplatz in einer Plastiktüte eingenommen, so dass wir relativ pünktlich nach Grünau abreisen können. Grünau? Richtig: Nicht Donau, Ems oder Ulan Bator stehen im Ruderprogramm, sondern die Storkower Gewässer südöstlich von Berlin, die es an landschaftlicher Schönheit locker mit allen oben genannten Ruderrevieren aufnehmen können.
Auf das Grundstück des Grünauer Rudervereins können wir mangels Einfahrt leider nicht hinauffahren. Wir tragen also die Boote bis zum Wasser, die Straßenbahn wird sich schon bemerkbar machen, wenn sie an dem dicht neben den Gleisen geparkten Anhänger nicht vorbeikommen sollte. Ungefähr um 11.11 Uhr begeben sich die drei gesteuerten Dreier auf die Reise. Die ersten 1500 m dürfen wir auf der geschichtsträchtigen Olympiastrecke fahren. Unruhiges Wasser. Bei Wind nicht wettkamphauglich. Wir haben noch 7,5 harte km durch den Langen See, eine Verbreiterung der Dahme, bis zur Mittagspause beim ESV (EisenbahnSport-Verein?) Schmöckwitz vor uns, die wir trotz des unpassend starken Gegenwindes bewältigen. Zum liebevoll wie immer vorbereiteten Büffet wird Sekt gereicht, zu Ehren des Geburtstagskindes Dieter König oder einfach so aus Spaß. Brot, Käse, Wurst, Bouletten, zwei Sorten Salz für die Tomaten: Alles da, was das Rudererherz begehrt. Die Pause bei schönstem Spätsommerwetter verlängert sich etwas, weil sechs Kameraden noch mal nach Grünau fahren müssen, um den Bootsanhänger in die richtige Fahrtrichtung zu drehen, was im Eifer des Abfahrtgefechts vergessen wurde. Nur ein Bier und eine Stunde später starten wir um 14 Uhr, um nach KönigsWusterhausen zu rudern. Wir durchqueren den Zeuthener See von Nord nach Süd, der Wind frischt an einigen Stellen grenzwertig auf. Den südöstlichsten Zipfel Berlins, der auf Stadtplänen immer abgeschnitten und irgendwo bei P16 eingeklinkt wird, verlassen wir dort, wo sich der Zeuthener See wieder zur Dahme verengt. Der Fluss ist hier kanalartig ausgebaut, wir unterqueren den idyllisch rauschenden Berliner Ring und legen kurz vor der Schleuse Neue Mühle beim WSV (Wassersport Verein?) KönigsWusterhausen an, auf dessen schönem Grundstück wir die Boote über Nacht ihrem Schicksal überlassen.
Wir fahren mit unseren beiden Bussen nach Groß-Schauen zum Hotel Köllnitzer Hof. Vor dem Duschen gibt es im Garten am See die richtige Geburtstags-Lage. Ein kurzer, aber heftiger Regenguss treibt uns in den Frühstückssaal des Hotels. Zum Kuchen gibt es Rotkäppchen mild und halbtrocken, mangels Kühlmöglichkeit auf Außentemperatur (25 Grad) erwärmt. Als Ausgleich offeriert Wolfgang Krause einen von der Hollandfahrt mitgebrachten Genever, ein Angebot, dass nur ganz starke Persönlichkeiten ausschlagen können. Alle trinken mit …
Um 19 Uhr sind die meisten schon wieder hungrig und vor allem durstig. Wir essen in den .Fischerstuben“ Hier ist der Name Programm: Fisch in allen Variationen zu moderaten Preisen. Inhaltliche Angaben zu den Gesprächsthemen werden aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht gemacht. Der Abend endet angesichts kommender Aufgaben nicht allzu spät vor dem Fernsehapparat.
Montag, 27.8.
Wetter: Anfangs bedeckt, später immer sonniger, noch recht windig (4), von NW auf SW drehend.
Auf der Fahrt zu unseren Booten machen wir einen kleinen Umweg, weil nur Wolfgang Krause den richtigen Abzweig gesehen hat, aber der fährt im zweiten Bus. Warum denn ein Navi benutzen, wenn man den Weg auch ohne es nicht findet? Alle Aufregung über die kurze Verzögerung ist umsonst, vor der Schleuse müssen wir lange auf die Einfahrt warten. Danach überqueren wir den Krimnicksee, rudern durch den Krüpelsee Richtung Osten, nach einer Biegung nach Süden ists wieder die Dahme, die sich durch das Bindower Fließ schlängelt. Dann gehfs über den Dolgensee (auch Trüber See genannt) und schon ist der Platz für die Mittagsrast gleich hinter der Brücke der B 246 in Prieros erreicht. Der Landdienst war mutig und hat Tisch samt WachstuchTischdecke von einem Anlieger geborgt, auf dessen Auto wahrscheinlich der Sticker „Ich bremse auch für Ruderer“ klebt.
Pause von 13 bis 14 Uhr.
Im zweiten Teil der täglichen Ruderarbeit lassen wir die Dahme backbord liegen und fahren unbemerkt (erst ein späteres Kartenstudium mit Lupe lehrt das) über den Huschte-See, durch die ewig lange Schmölde (alles eiszeitliche Entwässerungsgräben ähnlich der Berliner Grunewald-Seenkette), den Hölzernen See und den Klein-Köriser See, an dessen südlichem Ende der RV (RuderVerein?) Sparta ein weitläufiges Gelände hat.
Nach der Fahrt zum Hotel wird flugs ein Kasten warmes Bier gegen einen eisgekühlten aus dem Kühlschrank getauscht und alsbald verzehrt, immer getreu dem SportlerWahlspruch: „Auf die Elektrolyte achten!“
Um 18.30 Uhr schlendern wir, dem stressigen Tagesplan folgend, zum Fischrestaurant. Beim Essen erregt heute die Frage die Gemüter, was sich.Matjes“ nennen darf (vor der Geschlechtsreife gefangener Hering, auf bestimmte Art eingelegt!). Die Bedienung mit der chinesischen Stimmlage ist sichtlich irritiert und verspricht, den Koch zu fragen.
Bei der schon recht früh hereinbrechenden Dunkelheit reicht beim anschließenden Flüssigkeitsspeicher-Auffüllen auf der Terrasse schon ein abschließendes Bier, um jede Menge Satelliten am Abendhimmel zu identifizieren. Schön, wenn mit geringen Mitteln so viel erreicht wird. Bereits um 22 Uhr beginnt für die meisten der Schönheitsschlaf.
Dienstag, 22.8.
Wetter: heiter, später bedeckt, etwas schwül, ca. 25 Grad, Wind fast eingeschlafen, drei Tropfen Regen, abends sonnig.
Frühstück gibt’s wie immer, wenn alIe anwesend sind, also Punkt 8 Uhr. Wir haben heute viel vor. Die Fahrt zum RV Sparta verläuft erwartungsgemäß problemlos. Wir rudern vom Klein-Köriser See zum Kleinen Moddersee – Großen Moddersee (der ulkigerweise genau so groß wie der „Kleine“ ist) – Schulzensee (alle durch enge Kanäle miteinander verbunden) – Zemminsee – Schweriner See und (für Fachleute mit Lupe und Landkarte zum Nachprüfen) am Schweriner Horst und Egsdorfer Horst vorbei zum Campingplatz „Re lax“ am Teupitzer See. Zwei Stunden einkalkulierte Ruderzeit sind für die ca. 8 bis 10 km recht großzügig bemessen. Der optische Eindruck des vom Landdienst vorbereiteten Buffets ist wie immer hervorragend; mit Tischdecke, leider aber ohne Kerzen. Es gibt eine Runde Eis, aber irgendwas ist anders als sonst. Statt Bier genehmigen sich einige einen Kaffee. Zurück fahren wir auf dem Weg der Hinfahrt, nur andersrum. Leider wird bekannt, dass der Landdienst die Schlüssel zum Gelände des RV Sparta, auf dem einer unserer Wagen steht und auf dem auch unsere Boote übernachten sollen, zur praktischen Aufbewahrung in den Briefkasten geworfen hatte. Wie jetzt daran kommen, wo doch ein Briefkastenschlüssel nicht vorhanden ist? Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viel kriminelle Fantasie eine Gruppe ehrbarer Sportler aufbringen kann, wenn es darum geht, auf ein verschlossenes Grundstück zu gelangen. Briefkasten abschrauben und ausschütten oder mit Magneten Schlüssel herausangeln sind noch die harmlosen Varianten, über den Zaun klettern (mit Auto?) oder Tor aufbrechen, die robusteren. Letztlich ist das Doppeltor mit Hilfe kleiner Kunstgriffe (Spezialist ist Thomas Veith, siehe Bericht der Wangnitzseefahrt) ohne Schlüssel aber auch ohne Beschädigung zu öffnen und die Aufregung vergebens. Auf der Rückfahrt halten wir in
Prieros im Cafe mit Biergarten, um nicht Bier sondern Kaffee und Kuchen zu uns zu nehmen. Einige Ruderkameraden sind während des Bestellvorgangs angesichts der flotten Bedienung mit Nasenpiercing etwas vorlaut. Daraufhin wird diese zickig und will die vier Sorten von Oma sehr lecker gebackenen Kuchen nicht mehr aufzählen. Später schnappt die Kellnerin auch wieder aus und wünscht „Weiterhin gute Fahrt“, wie auch immer das gemeint ist.
Abendessen diesmal im „Aal hof“; 50 m vom Hotel entfernt auf der anderen Straßenseite. Es gibt das Gleiche wie in den Fischerstuben, nur Aal kommt noch dazu („Karpfen – ham wa nich“) – dafür sind die Preise etwas kreativer gestaltet. Nach dem Dunkelwerden sitzt die Gruppe noch am Wasser bei Bier, Kirschbier und Genever-Resten. Die Gespräche drehen sich vorzugsweise um Benzinpreise, Ruderbekleidungshersteller und die rot blinkenden Lichter am Horizont.
Mittwoch,29.8.
Wetter: Windstille, später leicht aus SW, heiter, bis 27 Grad
Frühstück um 7.50 Uhr, weil alle da sind! Fahrt nach Klein Köris zum RV Sparta. Gewohnheitsmäßiges Aufbrechen des verschlossenen Tores. Fahrt wie Montag in gegenläufiger Richtung. Kurze Pause zum Beinevertreten in Prieros, dann beginnt Neuwasser, denn wir biegen nach Steuerbord ab und durchqueren den Langen See und den Wolziger See, wo wir am Campingplatz.wolzlqer Kolonie“ unser Mittagbrot zu uns nehmen. Auch bei diesem Essen können nur wenige Kappen-Striche (Verstoß gegen die Kappen-Ordnung) verteilt werden. Nach der Rast gleiten wir durch den Storkower Kanal (viele enge Windungen) zur Schleuse Kummersdorf, wo wir vorlauten Motorbootfahrern den Unterschied zwischen Paddel und Skull zu erläutern versuchen. Dies gelingt wohl, denn das Motorboot macht nach der Schleuse keine Anstalten, uns zu überholen. Nach weiteren 6 km erreichen wir die Schleuse Storkow mit anschließender Zugbrücke. Da diese offenbar nicht zieht, ziehen wir die Köpfe ein, nachdem wir vorsichtshalber vor der Unterquerung die Flaggen eingeholt haben. Nach wenigen Schlägen sind wir im Storkower See und landen beim Storkower RV. Zur Feier des Tages (?) gibt es gleich zwei Runden Kaltgetränke. Ankunft im Hotel gegen 17 Uhr.
Obwohl das Essen erst gegen 19 Uhr fertig sein soll, sind ab 18.30 Uhr alle in der oben und an den Seiten offenen Grillhütte versammelt, um dem Grillmeister, der eigentlich Fischer ist, beim Schwitzen zuzusehen. Als Ergebnis haben wir perfekt gebräuntes Grillgut und Erklärungen über böse Kormorane, die sich frech über unsere Köpfe hinweg an die Spitze der Nahrungskette setzen und angeblich ein Drittel der eigentlich uns zustehenden Fische verzehren. Zum Glück konnten die Räuber den Schweinen und Kartoffeln nichts antun, so dass wir alle satt werden. Als Überraschungsgast besucht uns der Ruderkamerad Achim Schuldig, den die Älteren als ehemals regelmäßigen Fahrtenteilnehmer kennen. Aber was heißt bei einer Altherrenfahrt eigentlich „älter“? Das amtlich festgestellte Durchschnittsalter der Rudergruppe beträgt angesichts des demografischen Wandels moderate 65,7 Jahre, was Ruderfreund Harald Radtke auf zwei Zehntel genau schätzt und somit ein Bier gewinnt.
Eine nahrungsmäßig hervorragende Grundlage ist unsinnig, wenn sie nicht durch entsprechende Getränke eine Rechtfertigung erfährt … Das Lagerfeuer, auf den Grillkohlen entzündet, trägt dazu bei, dass es für die meisten ein längerer Abend wird, obwohl Hochprozentiges eigentlich nicht verdirbt …
Donnerstag, 30.8.
Wetter: anfangs sonnig, bis 26 Grad, leichter Wind, später ungemütlich.
Eines muss hier mal gesagt werden: Ruderer sind ein diszipliniertes Völkchen! Trotz meist schwerer vorabendlicher Belastung sind alle sogar 30 Minuten eher beim Frühstück, da die Hoffnung besteht, durch rechtzeitiges In-See-Stechen dem seit Tagen angesagten Gewitter zu entgehen. Wir fahren bei schönstem Wetter und annähernder Windstille durch den Storkower See zur Schleuse in Wendisch-Rietz, wo wir unsere verkatert aussehenden Freunde auf dem Motorboot wiedertreffen. Artig ordnen sie sich hinter uns ein. Nach einigen Kanalwindungen erreichen wir den Scharmützelsee und biegen nach Norden ab. Vereinzelte Tropfen und dunkle Wolken kündigen Ungutes an. In der Nordostecke des Sees hat Fahrtenleiter Bernd Stoeckel bei seiner perfekten Vorbereitungsarbeit ein flaches Uferstück direkt an der Promenade ausgemacht. Dort kommen zwar alle trockenen Fußes ans Ufer, werden aber in den nächsten Minuten beim Abriggern und Verladen der Boote vom sich stetig verstärkenden Niederschlag durchnässt. Das vorhergesagte Gewitter besteht aus genau zwei Blitzen, die wir wahrscheinlich auch auf dem See überlebt hätten, aber man kann ja vorher nie wissen … Mit Ausnahme der Füße recht nass kehren wir zum Mittagessen in ein, nunja, Fischrestaurant ein. Die Rückfahrt nach Berlin verläuft planmäßig, genau so wie das Aufriggern und Säubern der Boote und die abschließende Getränkerunde auf der Terrasse. Ca. 110 km Ruderstrecke in fünfTagen sind zwar kein neuer Rekord aber
a. werden die Meisten sonderbarerweise nicht jünger (im Gegenteil: älter)
b. will die schöne Dahme- und Storkower-Seen-Landschaft ja auch bewundert werden, was entsprechende Zeit kostet und
c. ist weniger manchmal mehr (was sich über diesen Bericht leider nicht sagen lässt).
Klaus Becker
Download hier: AH-Fahrt Storkower Gewässer 2012