Vom Montagsei bis Rotmilan – Wanderrudern auf der Elbe
Das Ruderfieber hat mich im letzten Jahr gleich in meiner ersten Ausbildungsstunde schwer erwischt und so war es nur eine Frage der Zeit, wann ich endlich eine richtige Wanderfahrt live erleben darf.
Über Himmelfahrt und Pfingsten war es endlich soweit. Die von Achim organisierte Wanderfahrt auf der Elbe sollte uns von Dresden bis nach Magdeburg (rund 250 Kilometer flussabwärts) führen. Anreise war jeweils am Freitag. Zwischen den beiden Wochenende blieben die Boote in und der Trailer in Torgau.
Unser 17-köpfiges Team-Equipment für diesen sportlichen Anspruch bestand aus den drei schönen 4er+ Klinkerbooten „Willy Kantel, Bruno Döring und Havel“ und gefühlten 60 unterschiedlich großen Wasserpacksäcken, diversen LUMA, gefüllten Plastiktüten und Tupperdosen sowie einem riesigen Berg an Lebensmitteln und Getränken.
Meine erste Erkenntnis: Ich habe noch nie so schnell Boote abriggern, aufladen und die Dinge verstauen sehen, wie zu Beginn dieser Tour.
Doch zuvor noch schnell ein paar Infos über die Elbe
- Ein Strom, der aus drei Flüssen besteht, der Ober‑, Mittel- und Unterelbe
- Ein Fluss, der sich aus vielen Quellen speist
- Entspringt im Riesengebirge (Tschechien)
- Deutschlands drittgrößter Fluss, 1091 km Elbe, davon 727 km in Deutschland
- Kann auf fast 1.000 Kilometern von Schiffen befahren werden
- Große Seeschiffe gelangen jedoch nur bis Hamburg
- Für moderne Binnenschifffahrt oftmals zu seicht
- In Deutschland ein weitestgehend freifließendes Gewässer
- Der Erosionskraft des Elbwassers ist die Entstehung des Elbsandsteingebirges südöstlich von Dresden zu verdanken
- Gehört heute wieder zu den fischreichsten Gewässern Europas
- Mündet in die Nordsee
- Durch Havel und Havelkanäle ist die Elbe mit Berlin und der Oder verbunden
Die Tour zum Ausschneiden und Nachrudern wird demächst komplett im Internet veröffentlicht. Hier ein paar Auszüge:
1. Tag:
- Dresdener Stadtdurchfahrt der Superlative.
- Wir passieren das „Blaue Wunder“, die Loschwitzer Elbbrücke.
- Vorbei an malerischen Bergen, Schlössern und Kirchen.
- Nach einigen kleinen Elbebögen, vorbei an vielen Weinhängen und schmucken Häusern, sehen wir nun das über 1000-jährige Meißen mit seinem Wahrzeichen, den Meißener Dom und der Albrechtsburg.
- Riesa empfängt uns von weitem mit den riesigen Silos der Muskator Werke.
Fazit des ersten Tages: Rund 58 Ruderkilometer bei schönstem Sonnenschein und ruhigem Schiebewind liegen hinter uns. Jede Wunschtoilette wurde erreicht und wir haben viele Tiere am Elbufer gesehen: Elbschafe, Elbkühe, eine Elbschildkröte, Hunde die auf Anpfiff gerne zu uns gekommen wären, Rotmilane und andere schräge Vögel.
Unser erster fantastischer Rudertag endet bei einem leckeren Abendessen im Hotel Wettiner Hof und wir freuen uns noch immer über das schnelle Dahingleiten auf der Elbe.
2. Tag
- Elbe km 107,0: Nach der Riesaer Eisenbahnbrücke haben wir erst einmal 46 km „brückenfrei“.
- Wir durchfahren eine schöne, gemütliche Landschaft mit wenig Industrie und können viel Natur beobachten.
- Elbe km 155,2: Gleich hinter der Straßenbrücke empfängt uns das Wahrzeichen Torgaus: das Renaissance-Schloss Hartenfels.
Fazit des zweiten Tages: Diesmal haben wir rund 48 Ruderkilometer – schon wieder bei schönstem Sonnenschein und Schiebewind – erlebt, dabei ein schwimmendes Reh und Gierseilfähren überwunden sowie ordentlich viel Sonnencreme und Trinkwasser verbraucht.
Ich weiß jetzt, dass Bewegungsmelder nicht immer Spaß machen, überhaupt, wenn man in einem Flur nächtigt. Neben den bekannten Elbschafen und –kühen gab es diesmal auch Kamele – ohne Zirkus drumherum – zu entdecken.
Ein wunderbares Himmelfahrtswochenende geht zu Ende. Die Boote sind sicher bis zur Weiterfahrt im Torgauer Kanu Club untergebracht. Die Mannschaft teilt sich zur Abreise schnell auf in Bahn- und Mietwagenfahrer und es geht zügig in Richtung Berlin.
3. Tag
Elbe km 155,2
- Elbe km 155,2: Torgau schrieb auch Weltgeschichte: Am 25. April 1945 hatte eine sowjetische Vorausabteilung vom Osten und eine amerikanische Patrouille vom Westen her Torgau erreicht.
- Auf der zerstörten Elbebrücke reichten sie sich freudig die Hände und besiegelten das nahe Ende des 2. Weltkrieges
- Frühstücksbrötchenkauf um 6.30 Uhr. Wollten schließlich die heißesten Schrippen haben. Da die anderen noch schliefen, war noch genügend Zeit für einen morgendlichen Torgauer Spaziergang.
- Sehr schwer, die Boote von Land ins Wasser zu bringen (mittlerer Kraftakt).
- Elbe km 184,8: Leider hat das Fährhaus mit seiner erstklassigen Gastronomie geschlossen.
- Kein Steg zum Anlegen, Füße ins Wasser und raus, Naturtoiletten (Gebüsch)
- Mittagspicknick auf einer Wiese an einem Haus – köstlich der selbstgebackene Kuchen, wie aus Zauberhand von Claudia Wagner serviert.
- Durch langgezogene entspannende Elbauen rudern wir weiter.
- Elbe km 214,70: Wir genießen die Elb-Auenlandschaft und nähern uns der Stadt Wittenberg, mit hohem kulturellem Wert. Schon von weitem ist der Funkturm zu sehen.
- Zwei weitere Wahrzeichen sind besonders gut zu erkennen: die Stadtkirche und die Schlosskirche.
- Genervte Hotelchefin, hat eine ganz spezielle Art der Ansprache (hart aber herzlich). Ihr Sohn ist da geschmeidiger.
- Gemeinsames Abendessen im Gewölbe. Durch eine Hochzeitsfeier war unsere Essensauswahl auf zwei Möglichkeiten beschränkt – dafür konnten aber Desserts ausreichend nachbestellt werden
Fazit des dritten Tages: Das leider schlechte Pfingstwetter hat uns die rund 59 Ruderkilometer doch erschwert. Seitliche Windböen um die 5 sorgten für reichlich Wasser in den Booten. Da wird jeder Zug zum Erlebnis – kein Schlag ist wie der andere.
Meine neue Wasserhose hält was sie verspricht, nur diese Schuh-Überzieher besitze ich noch nicht. Den Kauf eines Südwesters überlege ich mir aber noch – sieht bei Achim jedoch totschick aus!
Am Abend schwören uns Achim und Gundi auf den morgigen Tagesablauf ein, denn die schlechte Wetterlage zwingt zum Umdenken. Beide bringen jahrelange Erfahrung und Sicherheit mit und wissen genau, was für alle das Beste ist. Es wird neu eingeteilt und umorganisiert. Wir werden in Aken unsere Wanderfahrt beenden und sind absolut einverstanden damit.
PS: Übrigens bester Deal am Samstagmorgen im Torgauer Kanu Club: Vier von unseren Erdbeeren für eine halbe hessische Super-Salami. Danke nochmals an die beiden unbekannten Abenteurer aus dem Gießener Umland.
4. Tag
- Elbe km 214,70: Links bei Elbe-km 215 ist noch einmal Luther in rot zu sehen und schaut stromab nach Westen.
- Elbe km 237,8: Coswig empfängt uns mit einem Blick auf die Gierfähre. Das Schloss ist weithin zu sehen.
- Beim Weiterpaddeln müssen wir auf die Gierfähre achten. Sie ist vorläufig die letzte ihrer Art, die nächste befindet sich 39 km elbabwärts in Aken
- Kein Bootssteg für Ruderboote vorhanden.
- Schuhe aus und rein ins Wasser.
- Alle Boote müssen hoch auf die Wiese getragen werden – es hagelt kurz und ist kalt.
- Via Shuttle geht es nach Aken.
Fazit des vierten Tages: Wir beglückwünschen uns zu unserer gestrigen Entscheidung, die Fahrt abzukürzen und freuen uns nun auf einen erholsamen Nachmittag in Ruderclub Aken. Bis wir aber dort ankommen ist Albert, unser heutiger Landdienst, stark gefordert. X‑mal fährt er die Strecke Coswig/Aken, bis alles bzw. alle gut untergebracht sind.
Der Empfang in Aken ist herzlich und wir werden sogleich mit Kaffee und einem Feuerchen im Ofen begrüßt. Die Schlafplätze sind schnell eingerichtet und ein leicht verspätetes Mittagspicknick eingenommen. Nur nicht zu viel essen, denn wir haben uns zum Abendessen in der Gaststätte Fährhaus Aken angemeldet. Wieder sitzen wir an einer schönen langen Tafel und genießen das leckere Essen.
Der Abend ist noch lange nicht zu Ende, denn die Männer sind fleißig dabei, das Holz im Ofen im Ruderclub nachzulegen. So soll es sein.
Am nächsten Morgen geht es zurück nach Coswig, um die Strecke nach Aken nun abschließend auf der Elbe zurück zu legen. Damit uns nicht zu viel Zeit ins Land geht, gönnen wir uns eine Fahrt mit dem Großraumtaxi – auch das ist eine hervorragende Entscheidung.
5. Tag
- Shuttle von Aken nach Coswig
- Elbe km 258: Bereits von weitem sieht man die zwei Elbbrücken, zuerst die Straßenbrücke, kurz dahinter die Bahnbrücke.
- Gleich hinter den zwei Brücken rechts bei km 258 befinden sich der Bootsteg und die Bootshäuser der Roßlauer Kanuten und Ruderer.
- Elbe km 276: Wir befinden uns kurz vor der Kernzone des Biosphärenreservats Mittelelbe. Es umfasst 1.260 km² mit über 1.000 Pflanzenarten, 250 Vogelarten, viele Bienen- und Libellenarten. Außerdem ist es „Referenzstelle“ für den Biberschutz.
- Die Boote werden aus dem Wasser gehoben.
- Abriggern und alles verladen.
- Die Bahnfahrer werden zum Bahnhof Köten gefahren. Von dort geht es über Magdeburg nach Berlin
- Die Mietwagenfahrer sind ebenfalls schnell fertig.
Fazit des fünften Tages: Die Wettervorhersage hat gestimmt, die starken Windböen sind geblieben und so war die Entscheidung zu verkürzen goldrichtig. Rund 227 Ruderkilometer auf der wunderschönen Elbe liegen nun hinter uns und schon denken wir „elbeabwärts“ weiter.
Boote und Mannschaft sind unbeschadet geblieben und wir haben uns und die Elbe nun besser kennen- und schätzen gelernt. So geht also Wanderrudern. Davon möchte ich mehr.
Herzlichen Dank an alle Teilnehmer:
Achim & Gundi, Ingrid & Sebastian, Claudia & Peter, Claudia & Albert, Inge & Michael, Burkhard & Gisela, Manu & Vera & Bernd & Holger.
PPS: Auf den Eierpackungen (12er Stiegen) standen Wochentage. Habe doch glatt ein Sonntagsei am Samstag gegessen. WER hat die Sonntagseier am Samstag eingedeckt – hmmm?? Da kommt man ja ganz durcheinander – schlimmer als mit den Skulls.
Birgit Hobusa, Achim Bläck-Neumann