Nachdem wir im April in Venedig waren, setzten wir unsere Erkundungen auf der Oberhavel fort. Peter und ich erhielten von einem befreundeten Ruderer aus Birkenwerder die Einladung, an der traditionellen Malz-Umfahrt des RV Birkenwerder teilzunehmen, die immer am 1. Mai stattfindet.
Solch eine Einladung kommt nicht jeden Tag und deshalb sagten wir sofort zu. Denn die Bootsplätze sind rar, da nur mit Zweiern mit Steuermann gerudert wird.
Malz ist ein ehemaliges Schifferdorf und seit 2003 ein Ortsteil von Oranienburg, wo die Havel, die Malz und der Oder-HavelKanal zusammenfließen. Es gibt die Malzer Schleuse, die heute aber keine Schiffs-Bedeutung mehr hat, sondern nur der Wasserstandsregulierung dient. Von großer Bedeutung für die Schifffahrt ist die „große“ Schleuse Lehnitz, direkt am Oder-HavelKanal. Beim Recherchieren fand ich heraus, dass Malz vor seiner Eingemeindung zu Oranienburg eine Partnerschaft zu Hopfen am See (in Bayern) pflegte und die Malzer Werh bekannt ist. Soweit ein paar Eckdaten zu Malz.
Am 1. Mai 2012 ist tolles Maiwetter, Sonne, ein bisschen Wind und der Wetterbericht verspricht, dass es nicht regnet. Wir starten kurz nach 9 h in Birkenwerder mit sieben (!) Zweiern, einer davon als Zweierohne. Nachdem wir die fast unberührte, naturbehaftete Strecke vom Verein zum Oder-Havel-Kanal bewältigt haben, rudern wir gemeinsam zur Schleuse Lehnitz. Ich freue mich, dass ich an Venedig vorbei rudern kann. Einige kleine Pausen unterwegs bestätigen, dass wir auf einer noch gemütlichen Wanderfahrt sind. Vor der Lehnitz-Schleuse überqueren wir den Lehnitzsee mit der kleinen Liebesinsel und legen an der Schleuse an, denn die Schleusung ist 30 Minuten später. Wir freuen uns, dass wir schleusen können und nicht umtragen müssen, geht es doch mit sieben Booten so wesentlich schneller. Es geht nun geradeaus bis wir backbord in den Malzer Kanal abbiegen können. Die Fahrtenleitung hat bereits zwei AnlegesteIlen ausgesucht, die wir nun der Reihe nach ansteuern, die Boote werden über Stock und Stein hinausgehoben und auf einem Weg zwischengelagert. Als alle sieben Boote dort liegen, erlauben wir uns eine etwas längere Pause im Schatten der Bäume, denn es ist doch schon sehr warm geworden.
Nach der Pause gibt es das volle Programm des „Wander“-Ruderns. Wir „wandern“ mit den Booten an der Malzer Schleuse vorbei und setzen nach ca. SOOm abgrundtief, steinig und sandig wieder unsere Boote ein. Ich habe Glück: mein Boot ist das zweite, welches nun im wunderschönen Malzer Kanal schwimmt. Wir rudern nicht, wir lassen uns von der Strömung treiben und warten auf die anderen Boote. Der Malzer Kanal ist traumhaft, Bäume, die uns Schatten spenden, eine für BerlinerVerhältnisse ganz gute Strömung, keine Boote, nichts ist los, gar nichts, wir hören die Vögel zwitschern, die Enten sind wahrscheinlich entsetzt, dass so viele Ruderer ihr Idyll stören. Wir genießen die Ruhe und rudern erst wieder los, als alle sieben Boote ruderfertig sind. Wir rudern durch Friedrichsthal auf der Havel und erfreuen uns einfach nur der Landschaft. Ich bin nur 20 km von Berlin entfernt und es fühlt sich nach Urlaub an.
Unser Idyll hat erst mal ein Ende, denn es naht die Schleuse Sachsen hausen, die ebenfalls für Boote nicht zu passieren ist. Wir suchen wieder zwei Aussetzmöglichkeiten für die Zweier, diesmal ist unsere Anlegestelle ganz flach und wir können bequem aus den Booten aussteigen. Dafür gibt es an Land jede Menge Brennnesseln. Doch da müssen wir durch. Wir sind ja inzwischen „Trage-Profis“ und schnell nehmen wir die sieben Boote aus dem Wasser heraus, die Handgriffe sind inzwischen geübt: alle tragen alle Boote über die Bundesstraße. Einige Autofahrer haben Erbarmen mit uns und lassen uns sofort über die Straße laufen. Ich habe fast vergessen zu erwähnen, dass wir die Boote noch über einen Zaun heben müssen, aber wie gesagt, es ist eine „Wander“-fahrt. Nach der Überquerung der Straße wird wieder abgrundtief und steinig eingesetzt. Wir rudern jetzt auf dem Oranienburger Kanal vorbei an kleinen Häusern und Wochenendgrundstücken.
Da wir die landschaftlich schöne Strecke rudern wollen, geht es nicht geradeaus zur Schleuse Pinnow (schleusen kann ja jeder!), sondern am Wasserstraßenkreuz backbord zur nächsten Umtragemöglichkeit. Diese entpuppt sich allerdings als ein Nadelöhr. jeweils nur ein Boot kann am vorhandenen Steg anlegen und muss dann weiter in die Böschung zum Rausziehen gezogen werden. Das dauert natürlich bei sieben Booten ziemlich lange. Wieder einmal heißt es wandern und auf der echten Havel setzen wir dann ein.
Aber diese Strecke ist nun wirklich der Knaller. Es geht direkt vorbei am Oranienburger Schloss mit dem schönen Schlosspark. Wir genießen diese Strecke, die immer wieder schön ist.
Unser Boot ist diesmal das letzte Boot und als wir in den Oder-Havel-Kanal einbiegen, warten alle anderen Boote auf uns und es gibt die letzte gemeinsame Pause. Geschlossen geht es zurück nach Birkenwerder. Nach dem Reinigen der Boote wartet noch eine kleine Überraschung auf uns: der Präsident des Rudervereins hat eine private Feier im Bootshaus und wir Ärmsten müssen nun das Büfett aufessen! Auch diese Hürde nehmen wir locker.
Eine sehr anstrengende, aber wunderschöne Landschahstour geht zu Ende.
CdH