A. Kurzfassung:
Acht Ruderer der RUA waren vom 6. – 17. Juni 2012 mit gemietetem Bus und Bootsanhänger „Packesel“ mit zwei Doppelzweiern „Jupiter“ und „Teutonia“ (1.700 km hin und 1.700 km zurück!) unterwegs in Frankreich, um auf dem über 300 Jahre alten und heute zum Weltkulturerbe zählenden Canal du Midi an sieben Tagen rd. 150 km zu rudern und dabei 36 Schleusen mit insgesamt 60 Staustufen zu erleben.
B. Leseversion:
Angeregt durch unseren Marc, der dann aber zeitlich leider nicht teilnehmen konnte, gründlich vorbereitet durch Bernd und Haraid, vertieft durch Reisebesprechungen mit französischen Spezialitäten bei Harald und Holger zuhause und ergänzt durch SkipperKenntnisse von Thomas trafen sich vor dem Abfahrtstag alle Teilnehmer im Bootshaus ein, um den „Packesel“ zu beladen – neutrale Beobachter waren sehr verwundert, was alles für eine Woche Frankreich eingepackt und aufgeladen wurde.
Am Donnerstag, dem 07.06.2012, starteten acht Arkonen (Markus Budzyn, Holger Büch, Martin Koll, Peter Lenz, Thomas Osteroth, Harald Radtke, Bernd Stoeckel als Fahrtenleiter und Rene Wilmes) um 6:00 Uhr früh vom Bootshaus, um gegen 19:00 Uhr nach 1.000 km Autofahrt im französischen Etappenziel Besaneort zu übernachten. Zu erwähnen bleibt, dass kilometergenau beim Überschreiten der französischen Grenze der Starkregen einsetzte, der uns auch am nächsten Tag bis ca. 100 km vor dem Ziel in Castelnaudary begleitete.
Am Freitag, dem 08.06.2012, erreichten wir dort gegen 15:30 Uhr den kleinen Hausboot-Hafen, um unser gebuchtes Boot der Klasse Nautilia (12,80 m lang und 4,10 m breit – mit zwei Duschen und zwei Toiletten an Bord) in Augenschein zu nehmen und die Übergabeformalitäten für den nächsten Tag abzuklären.
Für den Abend war aufgrund der kulinarischen Recherche von Thomas der Verzehr des Cassoulet unabdingbar, da Castelnaudary die Hauptstadt dieses deftigen Eintopfgerichtes mit weißen Bohnen, Fleisch, Wurst und Gänseschmalz ist. Thomas hatte bei seiner Recherche wohl übersehen, dass dieses sehr inhaltsschwere Gericht noch aus der Zeit stammt, als die Schleusenwärter per Hand die Tore bedient haben und so wollte er anschließend nie wieder von diesem schwer verdau baren Eintopf etwas hören.
Am Sonnabend, dem 09.062012, brachten Harald, Holger und ich den entladenen Packesel und den angemieteten Bus zum Zielhafen nach Port Cassafieres am MitteImeer und fuhren mit der Bahn zurück nach Castelnaudary, wo in der Zwischenzeit die restlichen Arkonen die mitgebrachte Nutzlast auf dem Hausboot verstaut hatte. Nach einer kurzen Frühstückspause mit frischen Baguettes wurden die beiden Doppelzweier eingeteilt und der erfahrene Skipper Thomas übernahm mit Bernd das Ruder des Hausbootes. Ich möchte an dieser Stelle meine persönliche Hochachtung für Thomas äußern, der dieses .Riesenschiff“ sehr souverän beherrscht hat und auch in den zahlreiche Schleusen nie den Überblick verloren hat. Erwähnenswert ist, dass die alten Schleusenkammern 30 Meter lang sind und von der Breite nur zwei Hausboote nebeneinander reinpassen. Während die beiden Doppelzweier am Sonnabend noch mitschleusen durften, war das ab Sonntag nicht mehr möglich. Alle Schleusenwärter stellten auf unsere Nachfrage fest, dass „Alles, was getragen werden kann“ nicht mehr geschleust wird. Da kamen dann die mitgebrachten Transportwagen zum Einsatz und ich muss im Nachhinein feststellen, dass Herausnehmen, Umtragen und Wiedereinsetzen schneller ging als das Schleusen durch die sehr zahlreichen Schleusenstufen. Das Ende der 1. Etappe war nach 15 Ruderkilometern und 18 Staustufen in Bram.
Am Sonntag, dem 10.06.2012, eine schöne Etappe mit 29 Ruderkilometern und nur sechs Staustufen. Ende der 2. Etappe war in der Marina des schönen Städtchen Carcassonne mit seinem historischen Altstadtbereich (mit richtigen Duschen!). Nach dem Besuch der burgähnlichen Altstadt über der Aude servierte unser.Chefkoch’Thomas seine Pasta Bolognese zum EM-Fußball an Bord. Dank an Martin, der dafür gesorgt hatte, dass wir mit dem Notebook von Holger dieses Fernseherlebnis – mit der sehr komischen französischen Aussprache der deutschen Spielernamen – genießen konnten.
Am Montag, dem 11.06.2012, endete die Etappe nach 25 Ruderkilometern und 26 Staustufen in Blomac, wo die Ruderer durch ein aufziehendes Gewitter mit kräftigem Regen beim Warten auf das durch die Schleuserei langsamere Wohnschiff sehr nass wurden.
Am Dienstag, dem 12.06.2012, eine landschaftlich sehr schöne 4. Etappe mit 25 Ruderkilometern und 13 Staustufen endete in der Marina von Roubia, wo gemeinsam in einem Restaurant in der schönen Altstadt das Abendessen eingenommen wurde.
Am Mittwoch, dem 13.06.2012, endlich eine Etappe ohne Staustufen. Thomas durfte das Steuer des Hausbootes abgeben und konnte gleich die längste Etappe mit 35 Ruderkilometern (ohne Blasen an den Händen!) aktiv mitgestalten. Ende der 5. Etappe war dann in dem Städtchen Capestang mit seiner alten gotischen Stiftskirche. Abends gab es an Bord Chilli con Carne (nach eigenem Rezept von Thomas lecker zubereitet) mit frisch gekauftem Baguette und natürlich das EM-Fußballspiel Deutschland – Niederlande.
Am Donnerstag, dem 14.06.2012, Tageshöhepunkt war die Fahrt durch einen 161 m langen und 6 m breiten Tunnel, den die Ruderboote aus Sicherheitsgründen nur im Schlepp des Hausbootes bewältigt haben. In diesem Tunnel gibt es keine Vorfahrtsregeln: nach einem Hupsignal losfahren und hoffen, dass der Gegenverkehr dies hört und wartet. Ende der 6. Etappe war nach 25 Ruderkilometern und acht Staustufen in der Marina von Vllleneuve-les-Beziers mit einem gemeinsamen Abendessen in einem Altstadt-Restaurant.
Am Freitag, dem 15.06.2012, hätten die noch ausstehenden acht Ruderkilometer bis zum Zielort von den Ruderern eigentlich auch mit den Transportwagen zu Fuß bewältigt werden können, doch wir mussten ja immer auf das Hausboot warten! Ende der 6. Etappe war nach der einzigen und letzten Schleuse (wieder mit Umtragen) in dem Zielort Port Cassafieres, wo die letzte Nacht noch an Bord übernachtet wurde. Der Abend wurde zu einem Besuch des MitteImeerhafens Sete und Abschieds-Essen mit französischen Meeresspezialitäten genutzt.
Am Sonnabend, dem 16.06.2012, wurde frühmorgens der Inhalt des Hausbootes und die beiden bereits abgeriggerten Boote auf dem dort bereits stehenden „Packesel“ verstaut und nach kurzem Frühstück ging es um 8:00 Uhr ab in Richtung Heimat. Gegen 19:00 Uhr erreichten wir nach rd. 1.000 Autokilometern endlich die deutsche Kleinstadt Wittlich an der Mosel. Unvergesslich bleibt das dortige Abendessen in einem Nebenraum eines Ofenverkaufsladens (!).
Am Sonntag, dem 17.06.2012, Frühstück um 7:00 Uhr, 8:00 Uhr Abfahrt. Markus blieb in Wittlich, um von dort nach Geschäftsöffnung mit seinem neu bestellten Auto anschließend allein nach Berlin zu fahren. Um 16:00 Uhr trafen die restlichen sieben Arkonen nach rd. 700 Autokilometern am Bootshaus ein, wo sie bereits von den Ehefrauen sehnsüchtig erwartet wurden.
Abschlussbemerkung:
Nicht nur für mich persönlich war diese Fahrt ein unvergessliches Erlebnis und meine weiteste (aber nicht längste!) Ruderwanderfahrt. Dazu trug die positiv erlebte Gemeinschaft – und dies oft auf engstem Raum – erheblich bei. Ich möchte mich – zugleich im Namen aller alten und neuen Mitfahrer – für die tolle Vorbereitung und Fahrtenleitung bei unserem Bernd sehr herzlich bedanken. Außerdem bedanke ich mich bei unserem Harald, der mir auch in schwierigen Situationen in und außerhalb von Schleusen stets ein großer Halt war. Besondere Anerkennung verdienen noch unser „Hauptskipper“ und „Chefkoch“ Thomas für die bewiesenen nautischen Fähigkeiten und Kochkünste, sowie unser Holger, der hervorragend die Fahrtenkasse verwaltet und mit seinen Französischkenntnissen oft hilfreich war.
Als Wanderruder-Revier ist der Canal du Midi mit seinem alten Baumbestand und schönen Landschaften sehr interessant. Wir wurden als Ruderer mit Arkona und Deutschland-Flagge oft wie das 8. Weltwunder bestaunt, da hier neben den Charter-Hausbooten auf dem Wasser nur viele Radwanderer, Jogger und Spaziergänger an Land zu sehen waren. In Anbetracht der oft zu kalten Temperaturen in diesem Juni in dem sonst wärmeren „MittelmeerklimaBereich“ frage ich mich aber, wie in der Hauptsaison die dort vorhandenen mehr als 1.000 Charter-Hausboote sich auf dem relativ schmalen Kanal noch vorwärts bewegen können bzw. welche Wartezeiten an den zahlreichen kleinen Schleusen in Kauf genommen werden müssen.
Peter Lenz
Downloadversion hier: Canal du Midi 2012