von Philip Häfner
Berlins Schnellboot
Der Achter von der Ruder-Union Arkona kann den Titel in der Bundesliga holen
Vor dem vorletzten Renntag am Sonntag in Leipzig stehen sie an der Spitze der Bundesligatabelle.
Berlin. Der Deutschland-Achter mag das Flaggschiff des Deutschen Ruderverbandes sein. Gegen ein Berliner Boot hätte aber selbst er keine Chance. Allerdings sind die Rahmenbedingungen auch völlig verschieden. In der olympischen Bootsklasse werden 2000 Meter zurückgelegt – in der Ruder-Bundesliga, in der die Hauptstadtsprinter der Ruder-Union Arkona momentan die Tabelle anführen, sind es lediglich 350 Meter. Bei der einen Variante zählt vor allem die Ausdauer, bei der anderen entfaltet sich die ganze Kraft innerhalb von 50 Sekunden – für Taktieren bleibt keine Zeit. „Es sind zwei völlig verschiedene Disziplinen“, meint Tobias Oppermann (25), der Kapitän der Hauptstadtsprinter, „wie Marathon und Sprint.“
Auch die Frauen aus der Hauptstadt sind oben dabei
Die Berliner bekommen diesen Spurt in dieser Saison bislang am besten hin. Vor dem vorletzten Renntag am Sonntag in Leipzig stehen sie an der Spitze der Bundesligatabelle. Auch bei den Frauen mischt ein Boot mit Berliner Beteiligung oben mit: Der Havelqueen-Achter, derzeit Zweiter, ist eine Rudergemeinschaft aus Tegel und Potsdam. Dagegen sind die Hauptstadtsprinter als eines der wenigen Teams eine reine Vereinsmannschaft. „Das macht uns stolz, weil es zeigt, wie breit wir im Verein aufgestellt sind“, sagt Tobias Oppermann.
Nach Platz zwei im Vorjahr will der Arkona-Achter in dieser Saison erstmals den Titel holen. „Nachdem wir beim Renntag in Minden den dortigen Ausrichter und direkten Verfolger geschlagen haben, ist das jetzt ganz klar unser Ziel“, sagt Oppermann. Zu Saisonbeginn hatte man zunächst noch tiefgestapelt, weil es einige Abgänge gab und zudem ein komplett neues Boot angeschafft wurde.
Insgesamt besteht das Team aus 14 Ruderern
„Da braucht es einiges an Feintuning“, erklärt Björn Sbierski (33). Und eigentlich sei das Boot bis heute nicht optimal eingestellt. Was wiederum bedeuten würde, dass die Berliner sogar noch schneller fahren können. Insgesamt besteht das Team aus 14 Ruderern, von denen pro Renntag aber immer nur zwölf eingesetzt werden können. Trainiert wird auf der Havel. Teile der Besatzung haben in der Vergangenheit bereits internationale Medaillen eingefahren – Tobias Oppermann etwa war Junioren-Weltmeister im Achter und gewann 2015 Gold bei der Universiade im Vierer ohne Steuermann. die Olympischen Spiele 2016 fanden trotzdem ohne ihn statt. Danach stellte sich Oppermann wie so viele Ruderer in seinem Alter die Frage: Wie soll es weitergehen?
„Für diejenigen, die nicht in der Nationalmannschaft sind, gibt es nicht viele Wettkämpfe. Gerade deswegen ist die Bundesliga ein tolles Format, das die Szene belebt. Es hält die Leute beim Rudern, die sonst vielleicht aufhören würden“, sagt er. Die Bundesliga im Achter gibt es seit 2009. Die Pläne zur Einführung einer weiteren Rennserie im Einer mussten zwar kürzlich mangels Interesse verworfen werden. Dafür erfreut sich die Variante im großen Boot enormer Beliebtheit.
Das Konzept kommt so gut an, dass es mittlerweile sogar in Großbritannien kopiert wurde, dem Mutterland des Ruderns. An jedem Renntag gibt es zunächst Zeitläufe, aus denen sich die Duelle im Achtelfinale ergeben. Danach geht es im K.o.-System weiter, bis am Ende nur noch zwei Boote übrig sind, die das Finale bestreiten. Die Austragungsorte sind zum Teil ziemlich spektakulär. In Minden wurde zuletzt am Wasserstraßenkreuz auf der Trogbrücke des Mittellandkanals gefahren, die über die rund 13 Meter tiefer gelegene Weser führt. Der Kanal ist an dieser Stelle so schmal, dass gerade einmal zwei Boote nebeneinander passen. Auch der Renntag in Leipzig ist mit seinem Finale unter Flutlicht einer der Höhepunkte. „Solche Events begeistern auch diejenigen, die sonst nichts mit Rudern zu tun haben und deshalb nie an eine klassische Regattastrecke kommen würden“, sagt Colja Rieth (22).
In Berlin wurde 2016 und 2017 an der Oberbaumbrücke gefahren. In diesem Jahr ist die Stadt allerdings kein Austragungsort mehr.