Arkona Blog

„Ein herrliches Leben … “ (AH-Fahrt 2010 auf Saale/Unstrut)

von | Okt. 6, 2010 | 2010, Breitensport, Wanderfahrt

Mon­tag, 7. Juni

Alle Teil­neh­mer sind pünkt­lich um 7.30 Uhr am Boots­haus, wes­halb zur Beloh­nung nach den letz­ten gefal­le­nen Regen­trop­fen eine in die­sem .Jahr unge­wöhn­lich lan­ge Tro­cken­pe­ri­ode von fünf gan­zen Tagen be­ginnt. Um 8 Uhr ver­las­sen zwei Klein­bus­se mit 17 älte­ren und alten, Jung gebliebe­nen Her­ren und drei Vie­rern die Schar­fe Lan­ke. Klei­ne­re Sün­den belohnt der lie­be Gott bekannt­lich sofort und des­halb reißt die Wol­ken­de­cke end­gül­tig auf, nach­dem die ers­te Ampel der Rei­se bei eher dun­kelgelber Far­be aus tech­ni­schen Grün­den über­fah­ren wer­den muss. Um 11.30 Uhr kom­men wir, die von Bernd Stoe­ckel vor­gegebene Zeit­schie­ne peni­bel ein­hal­tend (dar­an wird sich bis zum Fahr­ten­en­de auch nichts mehr ändern), in Wei­schütz in Sach­sen-Anhalt an. Das Mit­tag­s­pick­nick wird vor­be­rei­tet. nach­dem die Boo­te ab­geladen und auf­ge­rig­gert sind, wäh­rend der Anhän­ger zu unse­rem Quar­tier ge­bracht wird. Als die War­te­zeit Ner­vo­si­tät auf­kom­men lässt. wird zum fabrik­neu­en Kar­ten­spiel gegrif­fen, um bei einer Run­de Mau-Mau die Regeln nach drei­ßig­jäh­ri­ger Spiel­pau­se erst­mals einer Prü­fung zu un­terziehen. Kurz bevor die ers­ten Streitigkei­ten dar­über, wer aus­set­zen muss und wer zwei oder vier zie­hen soll in Handgreiflich­keiten über­ge­hen, erschei­nen die Fah­rer und das Buf­fet wird eröff­net. Die modifi­zierte Kap­pen­ord­nung gilt ab sofort und die ers­ten Sil­ber­lin­ge klin­geln als­bald in Bernd Kapp­mei­ers Kas­se. Um 14 Uhr wer­den die Boo­te zu Was­ser gelas­sen und um 14.30 Uhr beginnt die wil­de Fahrt. Der Schiebe­wind und die Strö­mung sind so stark, dass nach dem Kom­man­do „Ruder Halt“ die Boo­te eher schnel­ler wer­den! Beim ers­ten Stopp wird fest­ge­stellt. dass ein hier nicht nament­lich genann­tes, hoch­ste­hen­des Mit­glied der Dele­ga­ti­on der RU-Arko­na mit falsch ein­ge­leg­ten Skulls gefah­ren ist. Wie es glaub­wür­dig erklärt, „woll­te er nur die Auf­merk­sam­keit der Trup­pe“ tes­ten, was pro­blem­los gelun­gen ist. Nach 11,2 Ruder­ki­lo­me­tern und zwei Schleu­sen wird die Mün­dung der Unstrut in die Saa­le mit einem zünf­ti­gen Plas­tik­be­cher Wein aus der Regi­on begos­sen. Nach wei­te­ren drei­tausend Metern wird kurz vor Naum­burg beim Re Rot Weiß Naum­burg nach 14,6 km ange­legt. Nach­dem die Boo­te an Land sind, wird auch das ers­te küh­le Fass­bier auf ehe­mals aus­län­di­schem Boden ge­reicht. Ein kur­zer Spa­zier­gang führt uns zur Pen­si­on Fel­sen­kel­ler. Beim Abend­essen auf der Ter­ras­se ist Sül­ze der Ren­ner des Tages, bevor uns der Wirt noch eine klei­ne Spe­zi­al­füh­rung durch sei­ne Gemäu­er gewährt. Gegen sehr soli­de 22 Uhr (es ist noch nicht mal dun­kel!!) machen sich alle über­ra­schen­der Wei­se auf den Weg in ihre Zim­mer, um sich von den Anstren­gun­gen des ers­ten Ruder­ta­ges und beson­ders des Abend­essens zu erholen.

Diens­tag, 8. Juni

Wet­ter: leich­ter Wind 1-2, son­nig, ca. 25 Grad

Für 8 Uhr hat der Chef zum Früh­stück ge­laden. Ange­fan­gen wird erst. wenn auch der letz­te Lang­schlä­fer am Tisch sitzt. Sehr cle­ver, die­ser Grup­pen­druck. Die ers­ten Ruder­ge­nos­sen war­ten seit 7 Uhr bei herr­lichem Son­nen­schein vor ihren lee­ren TeI­lern auf der Ter­ras­se, bekom­men aber aus purem Mit­ge­fühl „een Gännchn Gaw­we“ ser­viert. Kurz nach neun mar­schie­ren wir gestärkt zum Boots­haus und um 9.30 Uhr legen die Boo­te ab. Die Schleu­sen­war­te von Oebe­litz und Beu­ditz erwei­sen sich als schlech­te Beam­te, da sie uns trotz des .Schl­reß­taqs“ am Diens­tag durchschleu­sen und eine Art Begleit­ser­vice veranstal­ten. Zwi­schen den Schleu­sen und eini­gen Ruder­me­tern gibt es eine aus­führ­li­che Mit­tags­pau­se. Das Essen wird wie immer per­fekt vom Land­dienst vor­be­rei­tet (ein beson­de­res Lob, das er nie hören wird, gilt dem Bäcker des herr­li­chen Krusten­landbrotes) Der Wein hät­te viel­leicht eine Win­zig­keit bes­ser tem­pe­riert sein kön­nen, aber nie­mand hat sich die Zun­ge ver­brannt und geme­ckert wird sowie­so nicht! Die Ker­zen, die auf der fest­lich gedeck­ten Tafel natür­lich nicht feh­len, ver­su­chen ge­gen die glei­ßen­de Son­ne in Punc­to Wär­me und Hel­lig­keit anzu­kämp­fen, ver­lie­ren aber, da sie als­bald vom Wind gelöscht wer­den. Am Fluss­ki­lo­me­ter 136 soll­te der Proto­kollant etwas in den Bericht auf­neh­men, was er aber nach den sich über­stür­zen­den Ereig­nis­sen ver­ges­sen hat. Schön, dass uns auf vie­len Kilo­me­tern unse­re gefie­derten Freun­de sin­gend beglei­ten! Lei­der wird das Geräusch von einem sogenann­ten Natur­freund irgend­wann schnö­de als quiet­schen­der Roll­sitz iden­ti­fi­ziert. Wie­der eine Illu­si­on weni­ger! Gegen 16 Uhr ist nach 31,5 Ruder­ki­lo­me­tern Ankunft im Kanu­club Bad Dür­ren­berg, wo uns ein de­zent ganz­kör­per­tä­to­wier­ter Sports­freund mit sei­nem recht zah­men Dober­mann begrüßt. Die Boo­te wer­den unfall­frei über den Anle­ge­steg, bestehend aus Bret­tern, die auf Sty­ro­por­qua­der geschraubt (!!) sind, getra­gen. Das Gan­ze ähnelt eher ei­nem Mika­do­spiel nach dem ers­ten Wurf als einer Steg­an­la­ge. Der Hund hat kei­nen Appe­tit auf Rude­rer, so dass wir gegen 16.30 Uhr voll­zäh­lig abfah­ren und 1715 Uhr am Fel­sen­kel­ler ankom­men. Wäh­rend die ers­ten Warm­du­scher warm duschen, trin­ken ande­re ihr ers­tes Bier (vier Mitfah­rer wer­den beim Ver­zehr von Kaf­fee und Tor­te beob­ach­tet. Namen sind der Redak­tion bekannt. wer­den aber nur gegen an­gemessenes Bestechungs­geld ver­ra­ten – das nennt man Kame­rad­schaft!) Ab 19 Uhr ist Abend­essen und ‑trin­ken ange­sagt. Dass man auf Zan­der etwas län­ger war­ten muss, wis­sen wir jetzt auch.

Mitt­woch, 9. Juni

Wet­ter: son­nig, heiß (28 Grad), leich­ter Wind

Pünkt­lich wie die Mau­rer machen wir uns um 9 Uhr auf den Weg zur Arbeit. d.h. zum Kanu­club Bad Dür­ren­berg, wo die Mann­schaften, wie jeden Tag, bunt durch­ein­an­der-gewür­felt wer­den, damit sich kei­ne Grup­pen in der Grup­pe her­aus­bil­den. Es rudert sich leicht und locker und auch die Kom­man­do-Übun­gen, die Mar­kus mit sei­ner Mann­schaft ver­an­stal­tet. kön­nen die Lau­ne nicht ver­der­ben. Es herrscht offen­sichtlich die Ruhe vor dem Sturm!

Die Risch­müh­len­schleu­se erwar­tet uns nach 11,5 km. Die Bau­ar­bei­ten sind ange­kündigt (es ist schon son­der­bar mit den Schleu­sen: ent­we­der ist Schließ­tag oder der Schleu­sen­meis­ter hat um 13 Uhr end­lich Fei­er­abend, weil er auch schon eine Schleu­sung durch­ge­führt hat oder an der Schleu­se wird gebaut) aber der Schleu­senwart erklärt Bernd Stoe­ckel. dass die Boo­te „pro­blem­los“ über­ge­tra­gen wer­den kön­nen. Unter „pro­blem­los“ ver­steht der gute Mann, der offen­bar ein Ruder­boot bis­her nur als Bas­tel­bo­gen ken­nen ge­lernt hat. dass die Böschung, an der die Boo­te wie­der ein­ge­setzt wer­den müs­sen, nicht 90 Grad son­dern nur lächer­li­che und beque­me 70 Grad abfällt. was beson­ders Bernds Band­schei­ben zu schät­zen gelernt haben. Was lernt uns das? Pro­blem­los gibt‘ s nicht!

Nach einer Stun­de ruder­frem­der Tätiq­keit kann die Fahrt den­noch in Rich­tung Mit­tags­pau­se fort­ge­setzt wer­den. Der Schleu­sen­wart von Meu­schau vor Merse­burg über­bringt die Hiobs­bot­schaft. dass er uns zwar gnä­di­ger­wei­se noch durch­schleusen wür­de, er um 13 Uhr (es war 12.50 Uhr) aber Fei­er­abend hät­te, so dass er vom Fahr­ten­lei­ter mit West­mark besto­chen wer­den muss, um sei­ner Beamten­seele einen Schub zu geben, die nächs­te Schleu­se spe­zi­ell für uns zu öff­nen. Die Mit­tags­pau­se fällt dem­entspre­chend kurz aus und die anschlie­ßen­de Regat­ta zur Schleu­se Pla­ne­na zeigt. zu wel­chen kör­perlichen Leis­tun­gen man trotz Hit­ze und vol­lem Magen gegen jeg­li­che medizini­sche Ver­nunft fähig ist. wenn die Motivati­on (ein küh­les Bier) stimmt. Gegen 15.45 Uhr ist schließ­lich nach 30,6 Ruderkilo­metern Ankunft beim SV Hal­le Böll­berg. Im Foy­er des schö­nen Hau­ses, in dem wir über­nach­ten, zeigt uns die Ahnen­ga­le­rie der vie­len Olym­pia­sie­ger (Tho­mas Lan­ge!), dass wir uns im Haus der DDR-Eli­te auf­hal­ten dür­fen. Nach Per­so­nal­aus­wei­sen wird nicht mehr gefragt.

Nach­dem die Boo­te z.T. abge­rig­gert und auf­ge­la­den sind, da die Schleu­se hin­ter dem Ruder­club natür­lich defekt ist und umfah­ren wer­den muss, ist erst mal Pau­se. Das gute und reich­li­che Abend­essen im Ver­eins­haus wird zu Vor­kriegs­prei­sen (Nudel­pfan­ne zu 4,90 Euro) ange­bo­ten. Der Abend klingt mit einer kur­zen Fahrt durch Hal­le aus und weil wir so lan­ge nicht mehr auf dem Was­ser waren, besu­chen wir ein Restau­rant­schiff, neh­men aber die not­wen­di­gen Kalo­rien nur noch in flüs­si­ger Form zu uns. Die ver­spro­che­ne Eis­die­le ent­puppt sich lei­der nur als Langneseeis­kiosk, aber das kann nun wirk­lich nieman­den erschüttern.

Don­ners­tag, 10 Juni

Wet­ter: wol­ken­los, 28 Grad kaum Wind

Gegen 10 Uhr wer­den die Boo­te an der am gest­ri­gen Abend begut­ach­te­ten Stei­le unter wohl­wol­len­der Anteil­nah­me der vor­bei­de­fi­lie­ren­den Bevöl­ke­rung zu Was­ser gelas­sen. Die Abfahrt ver­zö­gert sich ein wenig, da der Boots-Anhän­ger von einem Mit­ru­de­rer zum Quar­tier zurückge­fahren wer­den muss, was auf­grund eines Blech­scha­den-Unfalls auf der Stadtbrü­cke. der den Ver­kehr durch kon­se­quen­tes Nicht­han­deln der Poli­zei­kräf­te den­noch eine Stun­de behin­dert, sei­ne Zeit braucht. Da an der Abfahrts­tei­le nur Platz für zwei Vie­rer ist. darf sich eine Mann­schaft schon etwas warm­ru­dern, was ange­sichts der knapp drei­ßig vor uns lie­gen­den Kilo­me­ter von unschätz­ba­rem Vor­teil ist. Die Erkun­dung der Hal­le­schen (Hal­len­ser?) Gewäs­ser bleibt den an Land geblie­be­nen lei­der ver­wehrt. Irgend­wann qehts aber immer wei­ter und so fin­det die Mit­tags­pau­se nach 17,6 km am Sport­platz der TSG Salz­mün­de statt. End­lich Schat­ten und die Möglich­keit ein Eis zu kau­fen. Der Land­dienst. der „noch nicht mit euch gerech­net“ hat. wird dem­entspre­chend bei der Zube­rei­tung des Buf­fets ange­feu­ert und bewun­dert, nicht ohne Hin­zu­fü­gung diver­ser sinnvol­ler und wich­ti­ger Verbesserungsvorschlä­ge (rich­ti­ges Wurst­schnei­den, kor­rek­te Gur­ken­schei­ben­brei­te . ) Dass auch das Able­cken eines joghurt­be­cher­de­ckels mit .auf­fer“ Kap­pe unbarm­her­zig mit Stra­fe belegt wird, erlebt ein Ruder­ka­me­rad schmerz­haft. doch mit überlebensnotwen­diger Gelassenheit.

Gegen Ende des Ruder­ta­ges kommt das bis­her so schmerz­lich ver­miss­te Kul­tur­pro­gramm, das bis­her nur aus der Iden­ti­fi­zie­rung ver­schie­de­ner Wein­sor­ten bestand, zu sei­nem Recht: Rechts von uns, d.h. links … also … sagen wir besser:

Steu­er­bord erhebt sich die ein­drucks­vol­le Höhen­burg Wet­tin, die, wie ja schließ­lich jeder weiß, seit Jahr­hun­der­ten Markgra­fen, Kur­fürs­ten und von 1806 bis 1918 sogar die Köni­ge von Sach­sen aus dem Geschlecht derer von Wet­tin beherberg­te. Natür­lich war Graf Diet­rich I. der lei­der bereits 982 ver­starb, der gelieb­te Stamm­va­ter der Wet­ti­ner. Und wir dür­fen an die­ser Burg­an­la­ge vor­bei­ru­dern! Ein herr­li­ches Leben!

Gegen 16.30 Uhr errei­chen wir nach 28,9 km das Tages­ziel. den eam­ping­platz Saa­le­tal. Den davon­schwim­men­den Pad­delhaken ret­tet unter Auf­ga­be tro­cke­ner Klei­dung und ohne Rück­sicht auf Ver­lus­te, wie die gefähr­de­te Fort­set­zung sei­nes Le­bens Mar­cus, der sich toll­kühn in die Flu­ten stürzt. Nach dem fol­gen­den Genuss ei­nes Kalt­ge­trän­kes mit ver­nach­läs­sig­ba­rem Alko­hol­ge­halt wird der Rück­trans­port nach Hal­le ein­ge­lei­tet. 1730 Uhr ist Ankunft im .Huder­ver­ein Hal­le Böll­berg von 1884 und Nel­son von 1874“ (1953 bis 1989 Che­mie Halle/Sektion Rudern).

Lei­der kann auch nach­träg­lich mit Hil­fe moderns­ter Medi­en nicht geklärt wer­den, wofür der lus­ti­ge Name „Nel­son“ steht. Nicht unwahr­schein­lich, dass er auf den bri­ti­schen Admi­ral Hora­tio Nel­son, der 1805 bei Tra­fal­gar die napo­leo­ni­sche Flot­te ver­nich­tend schlug (nicht er allein), zurück­geht. jener Nel­son ver­kör­per­te üb­rigens in vor­bild­li­cher Wei­se den Wahl­spruch, dass man dann auf­hö­ren sol­le, wenn‘ s am schöns­ten ist. da er noch am Ort sei­nes Tri­um­phes von geg­ne­ri­scher Kugel getrof­fen am Sieg­tag ver­starb. Eher unwahr­schein­lich, dass sich der Ver­ein „Nel­son von 1874“ nach dem Nelson‑P Kopf­bol­zen­dü­bel oder gar der kana­di­schen Punk­band .Hawk Nel­son“ benann­te – eher umge­kehrt. Sei s drum. Man kann nicht alles wissen.

Um 19 Uhr wird man­gels Plät­zen im nicht vor­han­de­nen Gar­ten­re­stau­rant in den gut geheiz­ten Räum­lich­kei­ten ein der Tem­pe­ra­tur ange­mes­se­nes, üppi­ges, schar­fes und hei­ßes Mahl ein­ge­nom­men. Der Tag klingt wie immer geruh­sam aus und wäh­rend sich ein Teil der Mann­schaft bei einem Spa­zier­gang um die Raben­in­sel frei­wil­lig blut­gie­ri­gen Insek­ten­my­ria­den zum Fraß vor­wirft. ver­bringt der klü­ge­re Teil den Abend plau­dernd, das über den Tag ange­rei­cher­te Flüs­sig­keits­de­fi­zit lang­sam aus­glei­chend, am Bootssteg.

Frei­tag, 11. Juni

Wet­ter: hei­ter bis wol­kig, weni­ge Re­gentropfen. 26 Grad Wind­stär­ke 3–4

Der Wet­ter­be­richt ver­heißt seit Tagen nichts Gutes für die heu­ti­ge Etap­pe. Über ganz Deutsch­land toben Unwet­ter, Ge­witter, Hagel und Stark­re­gen. Über ganz Deutsch­land? Eine klei­ne Arma­da von drei Arko­na-Dop­pel­vie­rern mit Steu­er­mann fährt auf der Saa­le bei bes­tem Wet­ter, dunk­le Wol­ken zie­hen auf und ver­zie­hen sich wie­der, und das alles, weil sich am Vor­abend zwei Mit­ru­de­rer der Brat­kar­tof­feln von Wolf­gang Krau­se erbarmt hat­ten. Ange­mes­se­ner Schie­be­wind treibt uns ge­rechter Wei­se (..dem Flei­ßi­gen gehört die Weit“) dem Ziel in Bern­burg ent­ge­gen. Vor­her kön­nen wir sogar (Plan­ab­wei­chung!!!!) in Als­le­ben eine Mit­tags­pau­se durchfüh­ren, nach­dem wir die Boo­te am nicht ide­alen Aus­le­ger fest­ma­chen. Der Land­dienst wird zwar wie­der auf dem fal­schen Fuß er­wischt. weil die Ruder­grup­pe schnel­ler als die bei­den Bus­se ist. so dass die Vor­rä­te noch nicht ergänzt wer­den konn­ten, aber auch die Res­te müs­sen irgend­wann mal weg (man hat ja „ver­zich­ten“ gelernt). Die ers­ten Regen­trop­fen der Ruder­fahrt fal­len pünkt­lich zu Essens­be­ginn, doch dabei bleibt es, die zwei­ten und drit­ten verges­sen auf die Erde nie­der­zu­ge­hen. So ein­fach ist Meteorologie.

Nach 30,5 km errei­chen wir gegen 15.30 Uhr Bern­burg und legen beim Bern­burger RC an. Der Pap­pel­sa­men­an­griff macht nicht nur wegen sei­ner Erin­ne­rung an den einen oder ande­ren noch gar nicht so lan­ge zurück­lie­gen­den Schnee­sturm des Win­ters eini­gen Akti­vis­ten zu schaf­fen. Noch vor dem Anle­gen wird vom Was­ser aus ein Foto­shoo­ting mit der male­ri­schen Kulis­se der Stadt im Hin­ter­grund durchgeführt.

Pünkt­lich zum Eröff­nungs­spiel der Fuß­ball WM (Ver­zei­hung: aus Urheberrecht­lichen Grün­den muss es natür­lich hei­ßen „FIFA Fuß­ball WM“) tref­fen wir in der Pen­sion Ber­lin ein.

Das gemein­sa­me Abend­essen wird in der „Son­der­bar“ began­gen, deren Name sich uns erst erschließt. als wir fest­stel­len, dass es sich eigent­lich um eine Sau­na mit ange­schlos­se­nem Restau­rant han­delt. Glück­li­cher­wei­se wer­den neben dem reich­li­chen Essen auch gekühl­te Geträn­ke in hin­rei­chen­der Quan­ti­tät gereicht. Nach dem zwei­ten oder drit­ten Auf­guss flüch­ten wir aber doch ins Freie, wo wir auf­at­mend einen klei­nen Spa­zier­gang zum Schloss mit der schö­nen Aus­sicht auf die Saa­le und durch die weit­ge­hend unzer­stör­te Stadt machen.

Das bis­her doch arg kurz gehal­te­ne kul­tu­rel­le Pro­gramm erfährt an der Bä­rengrube des Schlos­ses (seit 1860: rus­sische Braun­bä­ren) end­lich Auf­trieb. Was wir alles nicht erfah­ren, aber ins­ge­heim doch ahnen sind die wich­tigs­ten Daten der Stadt­ge­schich­te ( a) Schloss Bern­burg 961 erst­mals als aska­ni­sche Rund- oder Flieh­burg erwähnt. b) 1325 Till Eulenspie­gel Turm­blä­ser auf dem Schloss, c) 1426 Herings­krieg, d) 1682 letz­te Pest. e) 1697 ers­te Saa­le-Schleu­se, f) von Stadt­brän­den wird erstaun­li­cher Wei­se nicht berich­tet!?) Wie die meis­ten Ex-DDR-Städ­te hat auch Bern­burg unter dem Bevölkerungsrück­gang zu lei­den (1960: 44.000 Ein­woh­ner, 1990: 39900, 2008: 30300) Dass u.a. Hans-Joa­chim Böh­me (SED-Funk­tio­när) als bedeu­ten­der Sohn der Stadt genannt wird, inter­es­siert aber nur noch ausgespro­chene Lieb­ha­ber der Historie ..

Zei­tig, wie das auf Ruder­fahr­ten so üb­lich ist. bege­ben sich alle brav in die Ko­jen.

Sonn­abend, 12. Juni
Wet­ter: bewölkt, teils schau­er­ar­ti­ger Nie­der­schlag, 18 Grad, mäßi­ger Wind

Auf zur Schluss­etap­pe! Die im 200m- Rhyth­mus rück­wärts zäh­len­de Fluss­län­gen­an­zei­ge strebt unauf­halt­sam der Null ent­ge­gen, was mit der Mün­dung der Saa­le in die Elbe gleich­zu­set­zen ist. Pope­li­ge 37 km lie­gen vor uns, als wir die Fahrt von Bern­burg nach Bar­by begin­nen. Als klei- ne Über­ra­schung, um die Lan­ge­wei­le des Galee­ren­ru­de­rer-Daseins in erträg­li­chen Gren­zen zu hal­ten, geht über Mit­tag ein mäßi­ger Land­re­gen nie­der, die fri­sche­ren Tem­pe­ra­tu­ren wer­den von den meis­ten Betei­lig­ten aber eher als ange­nehm emp- fun­den. Beim TSC Cal­be hat der Land- dienst den Gaben­tisch berei­tet, und ei- nem Kanu­ten, der an der von unse­ren drei Boo­ten beleg­ten Steg­an­la­ge aus­stei­gen will, wird ohne Gerichts­pro­zess­an­dro­hung und Ein­schal­tung des Lan­des­sport­bun­des Sachsen-Anhalt

Platz geschaf­fen. Dann geschieht das Unfass­ba­re: Der obers­te Wäch­ter der Kap- pen­ord­nung wird beim Essen mit Kap­pe erwischt! Aller­dings erst bei sei­nem zwei- ten Joghurt! Die Grup­pe ist unauf­merk­sam. Oder müde. In Bar­by errei­chen wir die Elbe, deren ande­res Kali­ber im Ver­gleich mit der Saa­le beim Fest­ma­chen ersicht- lich wird: Eine nicht auf den ers­ten Blick wahr­zu­neh­men­de Gegen­strö­mung führt zu unter­schied­li­chen Ein­schät­zun­gen, in wel­cher Rich­tung man den Steg ansteu­ern sol­le. Wie gut unter­rich­te­te Quel­len mel- den, ist der Streit bei­gelegt, schließ­lich ha- ben bei­de Betei­lig­te ihre Argu­men­te. Nach dem Abrig­gern und dem Hal­ten der ob- liga­to­ri­schen Kurz­re­den, in denen wir uns sel­ber sehr loben und natür­lich beson­ders der Chef Bernd Stoe­ckel sei­nen mehr als ver­dien­ten Bei­fall und ein üssi­ges Prä­sent erhält, fah­ren wir nach Bern­burg zurück. Nach Fuß­ball­seh- und Schön­heits­schlaf­pau­se geht es wie­der in die Son­der­bar zum reich­li­chen, nicht immer per­fek­ten Essen. Der grö­ße­re Teil der Trup­pe gönnt sich noch einen Nach­tisch in der Eis­die­le, wäh­rend sich eine klei­ne radi­ka­le Min­der­heit dem Vuvuz­ela-Getrö­te aus­setzt. Wer‚s braucht…

Sonn­tag, 1.3.Juni
Wet­ter: egal, weil Rück­fahrt (ganz schön)

Pünkt­lich, uns prä­zi­se am amt­li­chen Zeit­plan ent­lang­han­gelnd, errei­chen wir die Fäh­re bei Bar­by. Beim on- und off- rol­len (!) des Trai­lers muss mit bewähr­ter Hand­ar­beit nach­ge­hol­fen wer­den, weil der Anhän­ger lei­der nicht die Ram­pe hin­ab- und hin­auf­kommt ohne als Ab- schieds­gruß am Boden zu krat­zen. Nach aben­teu­er­li­cher Fahrt über immer sch- maler wer­den­de Land­stra­ßen und immer ver­las­se­ner aus­se­hen­de Dör­fer, kom­men wir schließ­lich doch zur all­seits bekann- ten, guten alten „Tran­sit­au­to­bahn“, die uns mit der Hei­mat ver­bin­det. Die letz­ten Kilo­me­ter nach Span­dau sind ein Kat­zen- sprung und nacyh dem Auf­rig­gern, Säu- bern und Able­gen der Boo­te an ihrem ver­trau­ten Ruhe­platz neh­men wir auf der Ter­ras­se des Ver­eins­hau­ses noch einen Abschieds­trunk zu uns. Alle sind gesund, die Boo­te sind weit­ge­hend unzer­stört, im Wett­be­werb wer­den der RU Arko­na 17 x 150 km = 2250 km gut­ge­schrie­ben, die Son­ne scheint! Was will man mehr? Ein herr­li­ches Leben…

Klaus Becker

Down­load hier: AH-Fahrt Saa­le, Unstrut 2010

Mit mehreren pünktlichen (!) Bussen ging es am nächsten Morgen zum RV-Wandsbek. Über Außen- und Binnenalster ging es flott durch die zwei Stadtschleusen und diesmal bei Ebbe (!) durch die Kanäle der Speicherstadt  quer über die Norderelbe zum RV “Die Wikinger“.
Dort wurden wir schon erwartet. Der Verein hat die praktische Einrichtung eines Clean Up- und Brunch Termins. Wir kamen zum 2. Teil der Veranstaltung und konnten bei einem reichlich gedeckten Tisch ein zweites Frühstück einnehmen. Vielen Dank für die Bewirtung.

Nun ist es beim Rudern wie im wirklichen Leben, ein ständiges Geben und Nehmen. So nahm eines unserer Boote bei der Ausfahrt eine gelbe Tonne mit. Der Steuermann hatte den mächtigen Tidestrom nicht richtig eingeschätzt. Das andere Boot übergab wenig später den Flaggenstock an die Elbe. Die Tonne haben wir ohne Beschädigung an Ort und Stelle gelassen, den Flaggenstock aber zurückgeholt.

Über Norder- und Dove Elbe ging es dann zur Schleuse Tatenberg. Bevor wir einfahren konnten, verließ eine Armada von kleinen und großen Motorbooten die Schleusenkammer. Um kurz vor Vier waren wir wieder am Steg beim RC Bergedorf.

Nach gründlicher Reinigung der Boote spendierte Axel noch eine Runde. Das Flens ploppte zwar nicht so wie in der Werbung, schmeckte dafür umso besser. Auch der Hamburger Verkehrsverbund kennt Verspätungen und Ausfälle, so dass uns Dirk per Shuttle nach Bergedorf bringen musste.

Am Sonntag schloss sich dann ein schöner Kulturteil an. Was wäre Hamburg ohne eine Hafenrundfahrt? Anschließend ging es dann über Finkenwerder nach Teufelsbrück in die Dübelsbrücker Kajüt, ein mit allen Utensilien und Souvenirs der Seefahrer ausgestattetes Lokal.

Wir saßen an einem urigen, großen Drehtisch und ließen uns mit feinsten norddeutschen Speisen wie Labskaus und Scholle Finkenwerder Art verwöhnen.

Da wurde ein längerer Spaziergang an der Elbe zum gesundheitlichen Muss. Es stürmte heftig und wir waren alle froh, dass wir uns auf festem Grund bewegten.

Am Bahnhof Altona trafen wir Dirk wieder, der freundlicherweise unser Gepäck vom Hotel in Bergedorf zum Bahnhof durch die Stadt kutschiert hatte.

An dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön an Vater und Sohn, die uns mit Planung und Ortskenntnis eine großartige Herrenfahrt organisiert haben. Hoffentlich können wir das Format „Herrenfahrt“ noch lange fortführen.

Heinrich

Mit dabei waren: Dirk und Bernd Stoeckel, Albert Zeller, Arnold Hiß, Jörg Irmer, Rainer Ohm, Gerhard Belmega, Andreas Jahn, Heinrich Ohmes, Axel Engelmann

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