Was für ein Kontrast! Im letzten Jahr das kristallklare Wasser des Vierwaldstätter Sees, dieses Jahr das brackig braune Wasser der ostfriesischen Entwässerungskanäle!
Aber gerade das stachelte unseren Entdeckerdrang an, diesen von unzähligen Kanälen und Gräben durchzogenen Landstrich mal in Augenschein zu nehmen. Unser Hotel „Bootshaus“ befand sich 15 km nördlich von Emden in der Bedekaspeler Marsch, da wo sich Fuchs und Haas (besser: Kuh und Schaf) Gute Nacht sagen.
Hotel zum Bootshaus in Bedekaspel
Pünktlich – nach 6 Stunden Fahrzeit – erreichten die beiden hochmodernen Leihfahrzeuge das Objekt. Die Fahrer schwärmten von den neuesten Finessen der Autotechnologie. So bremst das Fahrzeug schon auf 40km/h ab, wenn das Navi eine Ausfahrt vorsieht. Ist das nun Firlefanz, oder der erste Schritt zum autonomen Fahren und damit der Weg zur mobilen Glückseligkeit? Auch das kann man diskutieren.
Am Nachmittag nahmen wir die im 19 Jahrhundert errichtete Kesselschleuse in Emden in Augenschein. Aus jeder Schleusenkammer kann man die Fahrt in drei Richtungen fortsetzen. Die Schleuse verbindet den Ems-Jade- Kanal mit dem Fehntjer Tief und dem Gewässersystem der Emdener Stadtgräben.
Emden Stadtgraben
Am Abend nahmen wir bei angenehmen Temperaturen auf der Terrasse unseres Hotels ein leckeres Essen ein. Dabei kam es auch zum einzigen sprachlichen Missverständnis.
Bei Pan-Fisch handelt es sich nicht etwa um einen tropisch invasiven Fisch der Nordsee, sondern um eine Variation typischer Nordseefische. Pan ist plattdeutsch und bedeutet so viel wie Pfanne. Das war leider die einzige Begegnung mit dem friesischen Platt.
Am nächsten Tag ging es um 8 Uhr zum Emder Ruderverein. (Siehe Titelbild) Hier erwartete uns Hartmut, der Wanderruderwart des Vereins, er übergab uns Schlüssel und Boote und machte uns mit dem Notwendigsten vertraut. Die Boote sind erstaunlich leicht und das von einigen geforderte:
„Jede Mannschaft muss ihr Boot selber tragen können!“ konnte hier leicht realisiert werden.
Am Grossen Meer
Am nächsten Tag ging es nach Oldersum. Erstmalig konnten wir nun die Kesselschleuse nutzen, um über das Fehntjer Tief nach Oldersum zu gelangen. Tief war vor allen Dingen die Zugbrücke, so dass wir uns nur in liegender Position durchhangeln konnten.
Kesselschleuse Emden
Niedrige Zugbrücke in Emden
Kuhherde am Wasser
Ems-Jade-Kanal
Über den schnurgeraden Ems- Jade-Kanal, der parallel zur Ems verläuft, ging es zurück. Um 15:56 waren alle Boote wieder verstaut, um 16:01 fing es an zu regnen. Tolle Planung!
Am Abend ging es zum aufs Feuerschiff zum Essen. Das heutige Museumsschiff war ab 1917 als schwimmender Leuchtturm in der Deutschen Bucht unterwegs, bevor es 1984 seiner heutigen Bestimmung zugeführt wurde. Sofern es Wind und Wetter erlauben, legt das Schiff einmal im Jahr zu einer Fahrt über den Dollard ab.
Feuerschiff „Deutsche Bucht“
Greetsiel zwischen den Mühlen
Krabbenfischer
Am nächsten Tag Bilderbuchwetter, 20° und leichter Schiebewind. Über das alte Greetsieler Sieltief ging es zurück. In Wirdum legten wir beim Motorboothafen an. Ein Vereinsmitglied öffnete für uns die Sanitäranlagen und ich konnte ein improvisiertes Kurzinterview mit ihm führen. Ca. 150 Alteingesessene stehen so ungefähr 600 bis 800 Neubewohner ‑so genau wusste er das auch nicht- gegenüber, die ihre schmucken Einfamilienhäuser um den alten Dorfkern gruppieren. Die Neubewohner pendeln in die Städte Emden, Aurich und Norden. Die untere Wasserbehörde und die Motorbootbesitzer sind sich nicht immer darüber einig, wie die Wasserwege zu nutzen sind. Wir hatten an den 5 Tagen nur sehr selten mit motorisiertem Gegenverkehr zu tun. Die Boote konnten wir heute direkt am Hotel festmachen.
Boote lagern am Hotel
Restaurant Spiekeroog
Am Freitag ruderten wir vom Hotel zurück zum Ruderverein Emden über den schon bekannten Ort Hinte. Der Emdener Stadtgraben hatte uns offensichtlich so gut gefallen, dass wir ihn gleich zweimal befuhren. Wo ist bloß der verflixte Abzweig? An einer ganz engen Stelle musste uns auch noch eines dieser Amsterdamer Grachtenboote mit vielen Touristen entgegenkommen.
Die Steuerleute meisterten dies mit Bravour. Die Boote wurden dann mit der uns eigenen Routine und Disziplin grundgereinigt und auf den leichtgängigen (!) Knaggen abgelegt. Wir verabschiedeten uns von Hartmut, dem Emder Ruderwart, und bedankten uns für die Gastfreundschaft mit einem kleinen Geschenk. Die geplante Hafenrundfahrt in Emden musste leider ausfallen. Ein Motorschaden hatte das Boot stillgelegt. Wir entschieden uns für eine Fahrt zum Pilsumer Leuchtturm, um einmal vom Deich aus einem Blick über den Dollard zum niederländischen Industriestandort Delfzil zu werfen.
Der Pilsumer Leuchtturm verdankt seine Beliebtheit dem wohl bekanntesten Ostfriesen Otto. Der Leuchtturm diente als Kulisse für die ersten Otto-Filme.
Leuchtturm in Pilsum
Dem aufmerksamen Leser dieser Zeilen wird nicht entgangen sein, dass diese vor 40 Jahren von Bernd Stoeckel initiierte Wanderfahrt unter neuem Namen firmiert. Wir ändern das „Altherrenfahrt“ in „Herrenfahrt“, denn 1. fühlen wir uns so gar nicht alt. Alt wird man ja erst dann, wenn man sich auf nichts Neues mehr einlässt. 2. Wollen wir natürlich auch die jüngeren Vereinsmitglieder für diese Fahrt gewinnen. Von „alten Zöpfen“ sollte man sich gelegentlich trennen. Die „Kappenordnung“ wurde erstmalig auf dieser Fahrt gestrichen. Sollte sie irgendwann aus nostalgischen Gründen wieder ausgegraben werden, so ist das auch okay.
Unser gemeinsamer Dank geht an das tolle Fahrtenleiter – Duo Bernd Zerban und Bernd Stoeckel.
Wir freuen uns jetzt schon auf die Fahrt im nächsten Jahr. Über das Ziel wird hartnäckig geschwiegen, aber man munkelt, spricht hinter vorgehaltener Hand und deutet verschiedene Hinweise. Aber nix Genaues weiß man nicht.
Heinrich Ohmes
Teilnehmer waren:
Albert Zeller, Rainer Ohm, Achim Bläck-Neumann, Michael Rehder, Thomas Gilges-Klemmt,
Axel Engelmann (RV Collegia), Heinrich Ohmes, Andreas Jahn, Bernd Zerban, Bernd Stoeckel