Es brannte eine Kerze am Morgen – es müsste der 1. Advent gewesen sein – da machte ich mich auf den Weg ins Bootshaus. Ein blöder Plan – die Autoscheiben dick zugefroren, das Thermometer zeigte ‑1° C und wir wollten rudern gehen … Aber nachdem ich Alkohol auf die Scheiben gekippt hatte, konnte ich mir das Kratzen sparen – immerhin. Warm wurde es trotzdem nicht. Ein ähnliches Schicksal ereilte auch alle anderen – wir mussten kratzen, ich komme zu spät, mir fallen gleich die Hände ab … Dennoch konnten wir vermerken: Zwei Dreier mit Steuermann besetzt von der Jugendabteilung – Lucia, Lewe, Fares, Conny, Artur, Luca, Lukas und Seb – die unerschrockenen, in mehr Lagen, als Zwiebeln Schalen haben, verpackt, machten sie auf den Weg.
Wir waren guten Mutes und voller Vorfreude. Diese begründete sich darin, dass weder Seb noch Lukas (noch Alex, der auch da war, aber nicht mitruderte) Geld für einen Kakao, geschweige denn ein Stück Kuchen dabei hatten. Klaro – Vorfreude. Aber sicher! Denn die beiden, also Seb und Lukas, wollten sich gerade bei Thomas etwas Geld pumpen (mit 30 Euro müsstet ihr hinkommen, oder?!) als Harald seine Geldbörse zückte, einen Schein herausnahm und sagte: Aber nichts wieder mitbringen!
Also – mit Vorfreude machten wir uns auf den Weg. Das Ziel wurde angepeilt mit einem Umweg über Klein Venedig – dieses System aus Kanälchen und Engstellen. „Kenn ich nicht!“ – „Wirste kennen lernen!“ Die Mütze tief im Gesicht pfiff der Wind dennoch um die Ohren. Die Wangen fühlten sich an, wie von Nadeln gepiekt. Die drei Ruderer je Boot zogen an den Skulls und wir schoben uns Meter um Meter vor, durch die Wellen, hoch wie ein 10 Kilosack Kartoffeln (oder so was). Am Gemünd tosendes Wasser, welches aus dem Kanal mit starker Strömung gegen den Wind drückte. Und dann wurde es ruhiger.
Auf dem weiteren Weg musste erst mal gelernt werden – am Wochenende … Doch die Mannschaften bewiesen, dass in der Ausbildung auch „Ruder lang“ beigebracht wurde und alle beherrschten es gut und konnten es einwandfrei umsetzen. Ich zog am Steuerseil, „Halbe Kraft“, das Boot neigt sich leicht zur Seite, das Heck zieht nach Backbord, der Bug dreht sich langsam auf die kleine Einmündung zu. „Boah ist das eng!“ „Ja, das wird noch enger!“
Mit hoher Konzentration vollführte die Mannschaft jeden Befehl mit Präzision, so dass wir an Motorbooten, Pfählen und Enten auf Holzbohlen vorbeiglitten. Die Strömung im Kanal war so stark, sie schob uns auch in Klein Venedig voran. In der Mitte ein kurzer Halt, Boot Nummer 2 ist auch da, weiter geht’s. „Nun wird es nicht mehr so eng.“ Vorbei gleiten wir an Stellen, wo früher einmal Häuschen standen. Meine Mannschaft drückt ihr Bedauern aus, dass es nicht mehr so schön ist, wie in meinen Berichten von früher – Entenhausen, weg.
Wieder ziehe ich stark am Steuerseil, das Boot neigt sich, unser Ziel kommt in Sicht. Nach wenigen Schlägen legen wir am Steg des RVB an. Fleißige Menschen strömen auf den Steg und helfen uns das Boot an Land zu bringen. Wie auf Hawaii wird uns ein Lebkuchen um den Hals gehangen. Schmatzende Kinder gucken auf mit großen Augen auf meinen Lebkuchen – „Nein, den ess ich selber!“ Ab nach oben – die Vorfreude auskosten. Kakao für alle, Nackensteak oder Suppe zum Kraft Tanken und anschließend für jeden Waffeln oder Kuchen – welch eine Schlemmerei!
Nach gebührender Erholungsphase traten wir die Heimreise an. Der Wind war immer noch am Tosen. Wieder legte sich die Mannschaft ins Zeug. Auf Höhe des Gemünds sagte Lucia: „Was? Hier sind wir schon? Das ging aber schnell – gruselig!“ Ja, so schnell waren wir wieder zurück am Steg. Boote weg und Abflug. Es war nur eine kleine Truppe, wir hatten alle Spaß, sind satt nach Hause und danken Harald für die Vorfreude!
Gruß Seb