Zwei lange Jahre ist es her, dass sich die üblichen Verdächtigen zur Winterwanderung zum Fort Hahneberg und gleichnamigem Hügel trafen und noch nicht wissen konnten, dass ihnen eine unbekannte Seuche vielerlei Spaß und die Wanderung 2021 verderben würde. Jetzt, im Jahr 2022 ist es aber das stürmische Dauerregenwetter, das uns nötigt, den Termin von Ende Januar auf den 13. Februar zu verschieben. Über Schnee müssen wir nicht reden, aber kalt ist es und strahlenden Sonnenschein gibt es als Zugabe. Wir legen am U‑Bahnhof Ruhleben los, wo Bernd Stoeckel, wie immer Organisator „vons Janze“, ein paar Sätze zur Gegend sagt:

Irgendwo drüben gab es mal zwischen 1891 und 1914 den Auswandererbahnhof Ruhleben, wo viele Osteuropäer auf ihre Weiterreise vor allem in die USA warteten. Erst 2012 wurde eine Wartebaracke nach Aufhebung des Denkmalschutzes abgerissen. Wer die Vergangenheit nicht ehrt, muss sie vielleicht nochmal erleben! Außerdem liefen direkt neben dem Bahnhof ab 1909 auf einer Trabrennbahn eine Zeitlang Pferde im Kreis.Vielleicht noch Charlottenburg, aber wahrscheinlich schon Spandau.
Wir gehen dann Richtung Süden durch eine Einfamilenhaussiedlung. Von Villen zu sprechen wäre übertrieben. Vor uns liegt eine Düne, natürlich eiszeitlichen Ursprungs. In Berlin ist im Zweifel immer alles „Eiszeit“. Hoch oben liegt der Olympiapark, an den wir aber jetzt noch nicht ran kommen.
Wir marschieren durchs Ruhlebener Fließ, romantisches Naturschutzgebiet, zum Glück gibt‚s noch keine Mücken.

Am Hintereingang der Waldbühne im Murellental geht es nicht weiter, wir müssen nach oben ausweichen und laufen in Serpentinen hinauf. Wenn wir gewusst hätten, dass es fast alpin wird, hätte man zumindest seine Kraxelstöcke mitnehmen können. Oben, an der Grenze zur Polizeiakademie, gibt es auf dem Murellenberg das Mahnmal der ehemaligen Wehrmachterschießungsstätte, wo gegen Ende der Naziherrschaft viele Kriegsdienstverweigerer hingerichtet wurden. Für jeden Toten wurde ein Spiegel in den Wald gestellt. Beeindruckend.
Wir lassen die schweren Gedanken zurück, umkreisen das Tal und gehen an der Eissporthalle und dem Waldbühneneingang vorbei ein paar hundert Meter ins Olympiagelände hinein. Nach dem Krieg der Britischen Armee gehörend und (bis auf das Olympiastadion) für Berliner weitgehend unzugänglich, wird das Gelände jetzt vom Breiten- und Spitzensport genutzt, falls man die Fußballer von Hertha zum Spitzensport zählen möchte.
Wir machen kehrt und nachdem aus einigen Rucksäcken kleine Getränkeflaschen mit nicht jugendfreiem Inhalt hervorgezaubert und zur Stärkung gebraucht werden, trennt sich die Gruppe. Einige hungrige Wandersleut gehen direkt zur Heerstraße (um mit dem Bus zu fahren?), der größere Teil läuft über S‑Bhf- Pichelsberg und Scholzplatz am Jüdischen Friedhof vorbei zum Rupenhorn, um dann über die Stößenseebrücke und Freybrücke die Scharfe Lanke zu umrunden und zum Bootshaus der Ruder Union Arkona zu gelangen. 10,7 km reichen für‚s erste. Beim anschließenden Beisammensein kann man sich bei Getränken und Speisen laben, wenn auch das versprochene Chili con Carne nicht für alle reicht. Hungertote sind trotzdem nicht bekannt. Für alle Mitreisenden und Interessierten zeigt Bernd Stoeckel danach noch die Filme zweier Kulturfahrten der RU Arkona.
Trotz des nicht persönlich anwesenden Winters eine schöne, lehrreiche Winterwanderung.
Klaus Becker
